Widerstand: „Wir sind im Kampf“: Beamte und FBI machen gegen Musk und Trump mobil
Mit einem kleinen Team von Getreuen versucht Elon Musk, die US-Bürokratie einzunehmen. Bei den Beamten herrscht Entsetzen. Doch es regt sich Widerstand
Mit einem kleinen Team von Getreuen versucht Elon Musk, die US-Bürokratie einzunehmen. Bei den Beamten herrscht Entsetzen. Doch es regt sich Widerstand
Die Lage entwickelt sich rasant. Eine Behörde nach der anderen übernehmen Elon Musk und sein Team, offenbar im Auftrag von Donald Trump. In den letzten Tagen wurden erst die US-Personalbundesbehörde, dann die Finanzbehörde und zuletzt das Bildungsministerium von Musks Spar-Behörde DOGE übernommen. DOGE steht für Department of Government Efficiency. Die Beamtenwelt hält den Atem an. Und sieht sich zunehmend im Widerstand.
„Wir befinden uns heute mitten in einer Schlacht“, gibt sich der Topagent des New Yorker FBI-Büros, Jim Dennehy, kämpferisch. „Gute Leute werden aus dem FBI geworfen und andere zur Zielscheibe gemacht – nur weil sie ihren Job nach Vorgabe des Rechts und der FBI-Vorschriften machten“, erklärt er seinen Ärger. „Es ist Zeit, mich in Stellung zu bringen.“
Widerstand gegen Elon Musk und Donald Trump
Dennehys Gefühl teilen aktuell viele der Millionen von US-Bundesangestellten. Die zahllosen Beamten in Behörden, staatlichen Einrichtungen und Ministerien sind sonst von den großen Mühlen der Politik wenig betroffen, erledigen ihre Arbeit, ganz gleich, welche Partei gerade die Regierung stellt. Doch seit dem zweiten Amtsantritt Donald Trumps hat sich die Stimmung drastisch geändert. Im Auftrag des Präsidenten legen der zum „Spezialbeamten“ gemachte Elon Musk und sein Team die Axt an. Und versuchen, das System zu brechen.
Jüngstes Beispiel: das Bildungsministerium. Mit seinen Vorgaben für Lehrinhalte und dem Auftrag, diskriminierungsfreie Bildung zu garantieren, ist es den Konservativen seit Jahren ein Dorn im Auge. Verschiedene Anträge, es abzuschaffen, scheiterten politisch. Noch bevor die neue Bildungsministerin Linda McMahon ihren Amtseid geleistet hat, scheint man nun Nägel mit Köpfen zu machen: Nachdem DOGE-Mitarbeiter am Wochenende erst die Bundespersonal-Behörde und dann die Finanzbehörde unter ihre Kontrolle gebracht hatten, tauchten laut einem Bericht der „Washington Post“ plötzlich 20 von ihnen am Bildungsministerium auf. Sie verschafften sich trotz anfänglichen Widerstands Zugang und begannen, Streichlisten für Personal und andere Ausgaben auszuarbeiten.
Beamte organisieren sich
Die ersten Meldungen dazu hatte es nicht in der Presse gegeben, sondern auf einer Facebook-Seite. Die als Alternativseite des National Park Service beschriebene Seite hatte schon letzte Woche den Widerstand erklärt und hält seitdem ihre mittlerweile 2,9 Millionen Follower auf dem Laufenden. Auch bei Reddit hat sich in der bereits 2013 zum Austausch für Staatsbedienstete gegründeten Community Fednews in den letzten Tagen zunehmend der Ton geändert. Die Helfer des Elon Musk: Sie sind zwischen 19 und 24, Praktikanten – und greifen nach der Macht 17:20
„Erinnert euch an euren Eid. Haltet die Stellung“, heißt es etwa in einem Thread mit mehr als 2200 Antworten. Während der erfolgreichste Post aus dem letzten Jahr vorrechnete, wie man die Urlaubstage maximiert, wuchs nach Trumps Amtsantritt die Irritation über das Vorgehen der neuen Regierung. Dann schlug die Stimmung zunehmend in Angst um. Vor der Kündigung, aber noch mehr vor dem, was in Folge der radikalen Veränderungen aus den USA werden könnte.
„Warum hält sie niemand auf?“, „Das ist illegal“, staunten die Beamten immer öfter, nachdem die neue Regierung ihre Arbeit aufgenommen hatte. Fassungslos wurde dokumentiert, wie in FBI-Büros eine Wand mit den niedergeschriebenen Werten überstrichen wurde, wie der Diskriminierungsschutz gestrichen, die ersten Kündigungen ausgesprochen wurden. Bis die Stimmung endgültig kippte. „Hört auf, es euch schönzureden“, forderte ein Nutzer letzte Woche. „Es interessiert sie nicht, ob wir effektiv arbeiten, dass wir keine Kinderbetreuung finden werden oder nur die bleiben, die nichts anderes finden. Wir interessieren sie nicht. Sie wollen nur reicher werden.“ Die Reaktion fiel überwältigend positiv aus. Das war noch bevor DOGE so richtig loszulegen begann.
Was tun?
Wie genau man sich wehren will, ist aber noch offen. Gewerkschaften stoßen erste Klagen an, Politiker wie Alexandria Ocasio-Cortez haben ihre Unterstützung bekundet. Doch angesichts des extrem schnellen Vorgehens der DOGE-Teams dürfte das alles zu lange dauern, fürchten die Beamten. Die meisten fühlen sich hilflos, hört man heraus. Kollegen, die sich gegen Musks Vorhaben stellten, wurden teilweise entlassen. Man rechnet mit Vergeltung für Widerstand gegen das Vorgehen. NL Die Woche
Der Brief des FBI-Agenten Dennehy machte kurz Hoffnung. Er arbeitet beim Southern District von New York, dessen Abkürzung SDNY in den Kreisen der Bundespolizei auch als „Souveräner Distrikt“ New York bezeichnet wird. „Sie übernehmen oft die Führung, wie man bestimmte Bereiche angeht, und andere Büros übernehmen das oft“, erklärt ein Nutzer. „Es wird spannend sein, zu sehen, wie sie mit seinem Statement umgehen.“
Dass die Gemeinschaft zunehmend mediale Aufmerksamkeit findet, wird als zweischneidiges Schwert betrachtet. Zum einen feiern die Beamten, dass die Öffentlichkeit endlich von dem Vorgehen Musks und seines Teams erfährt und Journalisten in der Community zahlreiche Ansprechpartner für Artikel finden. Andererseits sind immer offensichtlicher auch Nutzer unterwegs, die offenbar den Corpsgeist der Communitys untergraben sollen und etwa ein von Musk angekündigtes Abfindungspaket bewerben. Auch die Angst vor Verfolgung durch Social-Media-Firmen nimmt zu.
Doch viele der Betroffenen scheint dieser Druck noch enger zusammenzuschweißen. „Ich habe in den letzten Tagen erkannt: Das ist meine Bestimmung“, erklärt ein Nutzer. „Während sie versuchen, uns zu terrorisieren, klingt immer wieder mein Eid in meinen Ohren: die Verfassung zu schützen und zu verteidigen, gegen Feinde von Außen UND von Innen. Ich habe vor, ihn einzuhalten.“
Dieser Artikel ist eine Übernahme des Stern, der wie Capital zu RTL Deutschland gehört. Auf Capital.de wird er zehn Tage hier aufrufbar sein. Danach finden Sie ihn auf www.stern.de.