Pflegezeit: Wann sich die Pflege von Angehörigen bei der Rente auszahlt

Wer Verwandte pflegt und dafür im Job Arbeitszeit reduziert, sollte sich für die geleistete Pflegezeit Rentenpunkte sichern. Andernfalls drohen Versicherungslücken

Feb 7, 2025 - 12:06
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Pflegezeit: Wann sich die Pflege von Angehörigen bei der Rente auszahlt

Wer Verwandte pflegt und dafür im Job Arbeitszeit reduziert, sollte sich für die geleistete Pflegezeit Rentenpunkte sichern. Andernfalls drohen Versicherungslücken

Ob die betagte Mutter oder der erkrankte Ehemann – wer im Laufe seines Berufslebens andere pflegt, verzichtet dafür oft auf Einkommen. Und damit auch auf Rentenansprüche. Unter bestimmten Umständen lässt sich die Pflegezeit allerdings auf die Rente anrechnen. Seit der Pflegereform von 2017 gelingt das wesentlich leichter: Seitdem können sich Menschen „nicht-erwerbsmäßige“ – also im Privaten geleistete – Pflegezeit unter bestimmten Umständen auf die Rente anrechnen.

Das bedeutet konkret: Die Pflegekasse, der private Versicherungsträger oder bei Beamten die Beihilfe, zahlt Rentenversicherungsbeiträge für die pflegende Person ein. Diese wiederum fließen in die Berechnung der normalen Rente ein, die die Deutsche Rentenversicherung (DRV) später im Ruhestand auszahlt. Man spricht dann von pflichtversicherten Pflegepersonen.

Wer als versicherte Pflegeperson gilt

Es gibt klare Vorgaben, wie umfangreich die Pflegetätigkeit sein muss, damit Pflegende von der Regelung profitieren. Erste Bedingung: Die pflegebedürftige Person muss mindestens einen Pflegegrad von zwei oder höher haben. Diesen beantragen die Betroffenen selbst. Die richtige Adresse dafür ist die Pflegekasse. In der Regel prüft der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) die Pflegebedürftigkeit und kümmert sich um die Einstufung. Erst wenn dieser Antragsprozess abgeschlossen und der Pflegeanspruch bewilligt ist, kann auch die pflegende Person mit Renten-Beitragszahlungen aus der Pflegeversicherung rechnen. Wer kein Geld verlieren will, sollte sicherstellen, dass der Antrag auf Pflegeleistung rechtzeitig erfolgt ist.

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Zweite Bedingung: Es braucht mindestens zehn Stunden Pflege an wenigstens zwei Tagen pro Woche. Und zwar zu Hause, also in der Wohnung von Vater oder Großmutter – oder in der Wohnung des Sohns oder der Tochter, der sie pflegt. Außerdem muss das Pflegeverhältnis von Dauer sein: voraussichtlich mehr als zwei Monate oder 60 Tage im Jahr. Wer nach dem Abitur kurz einspringt und die Oma pflegt, bis das Studium anfängt, kann sich nicht als pflegende Person pflichtversichern lassen. Wer Angehörige pflegt und dafür Rentenpunkte haben will, muss außerdem seinen Wohnsitz im europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben. Und: Neben der Pflege darf man nicht mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sein – oder nur ausnahmsweise, etwa als Servicekraft im Biergarten während des Sommers.

Bedingung Nummer drei ist die wichtigste: Die Pflegenden engagieren sich ehrenamtlich, arbeiten also nicht haupt- oder nebenberuflich. Bei Verwandten nimmt der Gesetzgeber das grundsätzlich an. Das gilt sogar dann, wenn die pflegebedürftige Person ihre Angehörigen dafür finanziell etwas zukommen lässt, sprich: sie bezahlt. Auch Nachbarn oder Bekannte können ehrenamtlich pflegen und – wenn sie den Mindestpflegeumfang erreichen – dafür Rentenansprüche erwerben. Auch sie dürfen dafür Geld als finanzielle Anerkennung entgegennehmen. Allerdings darf in diesen Fällen der Betrag nicht höher liegen als das Pflegegeld, das die Pflegeversicherung zahlen würde. Die Höhe richtet sich nach der Pflegestufe: Das Pflegegeld liegt 2024 laut Sozialgesetzbuch beispielsweise bei 332 Euro monatlich für Pflegegrad 2. Der Höchstsatz für Pflegegrad 5 liegt 2024 bei 947 Euro. 

So berechnet sich der Pflegeumfang

Die Zahl der Stunden, die Betroffene für die Pflege aufbringen, richtet sich nicht nach tatsächlichem Umfang der Pflege. Pflegende müssen also keinen Stundenzettel führen. Vielmehr beurteilt entweder der MDK, ein von der Pflegekasse beauftragter unabhängiger Gutachter oder ein Dienstleister der privaten Pflegepflichtversicherung den Pflegeaufwand abhängig vom Pflegegrad. Das heißt auch: Wer viel Unterstützung leistet und dafür auf Einkommen und Rentenansprüche verzichtet, erwirbt trotzdem nur Rentenansprüche im Rahmen des laut Pflegestufe bestimmten Aufwandes. 

Es gibt zwei Sonderregeln: Wer sich um mehrere Pflegebedürftige kümmert – etwa beide Eltern pflegt – kann deren Pflegebedarf addieren und so insgesamt auf den Mindestumfang oder darüber kommen. Das nennt der Gesetzgeber „Additionspflege“.

Auch können mehrere Pflegende sich die Pflege teilen, dann ist die Rede von der sogenannten „Mehrfachpflege“. Dabei kümmern sich mehrere Pflegende um eine Person. Mit Blick auf die Rentenansprüche wird es schnell kompliziert, wenn die einzelnen nämlich unter dem Mindestpflegeumfang bleiben. Dann lässt sich die Pflegezeit wieder nicht anrechnen. 

Die Höhe der zusätzlichen Rente durch die Pflege lässt sich anhand mehrerer, größtenteils feststehender Werte berechnen. Individuell sind lediglich die berechneten Pflegestunden. Auch das Gehalt der pflegenden Person spielt keine Rolle. Die DRV stellt einige Beispielrechnungen anhand unterschiedlicher Pflegestufen zur Verfügung: Wer über das gesamte Jahr 2024 eine Person mit Pflegestufe 2 gepflegt hat, kann dafür mit gut neun Euro zusätzlicher monatlicher Rente rechnen. Bei Pflegestufe 3 ergibt sich über das Jahr 2024 ein Plus von gut 15 Euro, bei Pflegestufe 4 von gut 25 Euro und in der höchsten Pflegestufe von gut 36 Euro. 

Rentenpunkte beantragen: So geht’s

Die Pflegekasse zahlt die Rentenbeiträge übrigens nicht automatisch an die Rentenversicherung. Wer pflegt, muss dazu die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person kontaktieren – nicht die Rentenversicherung. Die Pflegeversicherung schickt dann einen Fragebogen mit dem schlanken Titel „Fragebogen zur Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen“. Pflegende können dort außerdem auch die Versorgungswerke bestimmter Berufsgruppen als Adressaten für die Beiträge angeben. 

Wichtig zu wissen: Der Antrag auf Pflegeleistungen sollten Betroffene stellen, sobald der Pflegefall eintritt. Denn erst, wer den Fragebogen vollständig ausgefüllt an die Pflegekasse verschickt hat, der hat seinen Anspruch auf Rentenpunkte für die Pflegetätigkeit gesichert. Eine rückwirkende Anrechnung der Pflege ist nicht möglich – also auch nicht für Pflegezeiten, die Pflegende vielleicht schon vor dem Antrag auf Pflegeleistungen bei der Pflegekasse erbracht haben.