1066 Sekunden: Neuer Plasmarekord in chinesischem Fusionsreaktor
Kernfusion wird als eine der möglichen Energiequellen der Zukunft gehandelt – wenn nicht gar als DIE Energiequelle der Zukunft. Allerdings muss das Fusionsplasma für eine erfolgreiche Energiegewinnung per Kernfusion so heiß und dicht sein, dass die Kernfusion zündet und außerdem eine Kettenreaktion einsetzt und auch aufrecht erhalten werden kann. In einem chinesischen Fusionsreaktor wurde nun …
Kernfusion wird als eine der möglichen Energiequellen der Zukunft gehandelt – wenn nicht gar als DIE Energiequelle der Zukunft. Allerdings muss das Fusionsplasma für eine erfolgreiche Energiegewinnung per Kernfusion so heiß und dicht sein, dass die Kernfusion zündet und außerdem eine Kettenreaktion einsetzt und auch aufrecht erhalten werden kann. In einem chinesischen Fusionsreaktor wurde nun ein neuer Weltrekord beim Plasmaeinschluss auf. In dem Reaktor EAST konnte das eine Millionen Grad heiße Fusionsplasma für insgesamt 1.066 Sekunden im sogenannten H-Modus gehalten werden. Dabei handelt es sich um einen Hochenergiezustand, der Energie und Hitze besonders gut halten kann und der als Voraussetzung für eine stabile und anhaltende Kernfusion in Tokomak-Fusionsreaktoren gilt.
Rekord in China
Um die Frage, in welchem Reaktortyp die beste Chance besteht, eine stabile Kettenreaktion über lange Zeit aufrecht zu erhalten, besteht Streit. Reaktoren nach dem Einschlussprinzip (Tokamaks oder Stellaratoren) sind in der Lage, größere Plasmamengen in einem Magnetkäfig aufrecht zu erhalten. Sie können somit potenziell viel Energie erzeugen. Testreaktoren dieser Bauart konnten in der Vergangenheit zwar Energierekorde erzielen, allerdings keine gezündete Kettenreaktion. Diese zu erreichen ist Ziel des Tokamak-Großreaktors ITER, der derzeit in Frankreich entsteht.
Physiker:innen in China gelang nun ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem stabilen Fusionsplasma in Tokamak-Reaktoren. Dieser Schritt gelang im „Experimental Advanced Superconducting Tokamak“ (EAST), der in der chinesischen Metropole Hefei steht. Dort schafften die Forscher:innen es, Fusionsplasma über eine Dauer von 1.066 Sekunden im sogenannten High-Confinement-Mode zu halten. Dies stellt einen neuen Weltrekord dar. Die alte Bestmarke wurde ebenfalls im EAST-Testreaktor erreicht und lag bei 403 Sekunden.
Der H-Mode wurde im Jahr 1982 entdeckt und ist eine Voraussetzung für eine Kernfusion im Tokamak. Plasma im H-Mode bildet an seiner Außenseite eine besonders dichte und komprimierte Schicht, die Energieverluste nach außen vermindert und die Effizienz der Plasmaheizung verdoppelt.
Wichtiger Schritt in der Fusions-Forschung
Dabei gibt es allerdings ein Problem: Plasma im H-Mode neigt an seinem Rand vermehrt zu heftigen Eruptionen, die Edge Localized Modes (ELM) genannt werden. Während diesen Eruptionen wird Millionen Grad heißes Plasma nach außen geschleudert, was die Wände der Reaktoren beschädigen kann. Diese ELMs wären in großen Testreaktoren wie etwa dem ITER so stark, dass die Wandoberflächen des Vakuumbehälters schmelzen würden.
Deswegen gehört die Eindämmung dieser Plasmaausbrüche zu den Zielen, an denen Fusions-Forscher:innen weltweit arbeiten. Den Physiker:innen aus China gelang es nun, das Fusionsplasma im EAST-Reaktor 1.066 Sekunden lang stabil im H-Mode zu halten. „Ein Fusionsreaktor muss tausende Sekunden lang stabil in diesem hocheffizienten Modus laufen, um künftig eine Stromerzeugung zu ermöglichen„, so Yuntao Song, Leiter des Instituts für Plasmaphysik (ASIPP) in Hefei. Der Erfolg der Forscher:innen könnte daher ein wichtiger Schritt in Richtung von Stromerzeugung in einem Fusionsreaktor sein.
Die Erkenntnisse, die im EAST-Reaktor während des Rekords gewonnen wurden, werden auch dem ITER-Projekt in Frankreich zugute kommen, da China seit 2006 Mitglied in der internationalen Kooperation ist, die diesen Reaktor baut und dann auch betreiben wird.
via Hefei Institutes of Physical Science – Chinese Academy of Sciences