Wann ist politisches Targeting im Wahlkampf zulässig?

Die AfD Karlsruhe soll im Wahlkampf Werbeflyer in Form von „Abschiebetickets“ an Personen mit Migrationshintergrund verteilt haben. Der Verband bestreitet die gezielte Verteilung aufgrund dieses Merkmals. Unterstellt man jedoch eine solche, stellt sich die Frage, ob diese gezielte Ansprache politisches Targeting darstellt. Der Beitrag legt am Beispiel der Flyer-Aktion dar welche rechtlichen Regelungen für politisches […]

Jan 30, 2025 - 20:48
 0
Wann ist politisches Targeting im Wahlkampf zulässig?

Die AfD Karlsruhe soll im Wahlkampf Werbeflyer in Form von „Abschiebetickets“ an Personen mit Migrationshintergrund verteilt haben. Der Verband bestreitet die gezielte Verteilung aufgrund dieses Merkmals. Unterstellt man jedoch eine solche, stellt sich die Frage, ob diese gezielte Ansprache politisches Targeting darstellt. Der Beitrag legt am Beispiel der Flyer-Aktion dar welche rechtlichen Regelungen für politisches Targeting im Wahlkampf gelten.

Politisches Targeting – Was ist das?

Im Kern geht es um die Frage, ob der AfD-Verband den Flyer gezielt an Personen mit Migrationsgeschichte versenden durfte. Auch, wenn der erste Blick hier in die DSGVO wandern dürfte, ist nicht nur diese für die Frage relevant und soll auch nicht Inhalt des Beitrags sein. Vielmehr geht es darum, ob diese – hier unterstellt – gezielte Aktion nach der Verordnung (EU) 2024/900 verbotenes politisches Targeting wäre. Nach deren Definition beinhaltet politisches Targeting die:

(…) Verarbeitung personenbezogener Daten, [Einfügung: um] eine politische Anzeige nur an eine bestimmte (…) Personengruppe zu richten (…) (vgl. Art. 3 Nr. 11 VO (EU) 2024/900).

Als politische Anzeige gilt nach Art. 3 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 VO (EU) 2024/900 jede:

Verbreitung einer Botschaft mithilfe eines beliebigen Mittels, die in der Regel gegen Entgelt oder im Rahmen interner Tätigkeiten oder als Teil einer politischen Werbekampagne erfolgt,

War die Zustellung der Flyer politisches Targeting?

Der Migrationshintergrund einer Person ist ein personenbezogenes Datum (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), das bei dem Zusenden der Flyer an die Adressaten verarbeitet worden ist. Es dürfte auch nicht schaden, dass die Flyer eine auch ins xenophobe gehende werbliche Anzeige ist. Denn gerade solche können

eine (…) Bedrohung für die (…) Grundrechte (…) sowie das Recht auf objektive, transparente und pluralistische Informationen darstellen. (Erwägungsgrund 6 VO (EU) 2024/900)

Verlangt man jedoch einschränkend, dass die politische Anzeige personalisiert sein muss, läge kein politisches Targeting  vor. Schaut man sich die generischen Flyer an, fehlt es daran. Ein solcher Formalismus ließe aber Schindluder zu, dass Anzeigen bewusst unpersönlich gestaltet werden, um nicht in das Raster der Verordnung zu fallen. Zudem regelt die Verordnung primär Verfahrensfragen, wie Wähler angesprochen werden dürfen. Zu dem, was die Anzeige für Inhalte haben darf, verhält sich die Verordnung nicht. Hierzu heißt es in Erwägungsgrund 14 der VO (EU) 2024/900, diese solle:

(.) den Inhalt politischer Anzeigen (…) unberührt lassen.

Heißt, auch, wenn man an dem positiven werblichen Gehalt der Flyer zweifeln kann, dürften sie als politische Anzeige gelten. Über die Verordnung soll gerade keine Inhaltskontrolle etabliert werden.

Welche Vorgaben gelten für politisches Targeting?

Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 2024/90 erlaubt politisches Targeting, wenn die Partei

  • a) die personenbezogenen Daten, auf deren Basis das Targeting erfolgt, vom Wähler erhoben,
  • b) dieser seine ausdrückliche Einwilligung in den Erhalt gezielter Werbung gegeben hat und
  • c) die Verarbeitung kein Profiling auf Basis sensibler Daten darstellt.

Dass der AfD-Verband diese Vorgaben eingehalten hat, müsste er belegen, wenn der zur Prüfung des Verstoß zuständige LfDI des Landes Baden-Württemberg dazu käme, dass mit den Flyern gezielt Personen mit Migrationshintergrund angeschrieben worden sind. Ob der LfDI eine Prüfung anstrebt ist unbekannt. Wer ein bisschen Nuding in die Richtung betreiben will, kann sich ja im Beschwerdeweg an ihn wenden.

Welche Sanktionen gibt es für verbotenes Targeting?

Sollte eine Prüfung ergeben, dass es sich bei der Flyer-Aktion um unzulässiges Targeting gehandelt hat, könnte die Aufsichtsbehörde ein Bußgeld von bis zu 20.000.000 € verhängen (Art. 25 Abs. 6 (VO EU) 2024/90). Wenn, wird das aber nicht mehr von der anstehenden Wahl erfolgen.

Wie geht es nach dem Versand der Flyer nun weiter?

Unabhängig von der Frage, ob der AfD-Verband verboten oder erlaubt politisches Targeting betrieben hat, hat die Kriminalpolizei nach Bekanntwerden der Aktion Ermittlungen wegen Volksverhetzung aufgenommen. Heißt, die Aktion kann sowohl datenschutz-, als auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Ob die Aktion der AfD genützt oder geschadet hat, werden die Wahlen zeigen.


Gefällt Ihnen der Beitrag?
Dann unterstützen Sie uns doch mit einer Empfehlung per:
TWITTER FACEBOOK E-MAIL XING
Oder schreiben Sie uns Ihre Meinung zum Beitrag:
HIER KOMMENTIEREN
© www.intersoft-consulting.de