Waffenruhe in Gaza: Trumps Nahost-Politik und Europas Rolle
Für Donald Trump war eine Waffenruhe in Nahost besonders wichtig. Jetzt gibt es einen Deal – der aber wackelig ist. Was will der neue US-Präsident in der Region?
Für Donald Trump war eine Waffenruhe in Nahost besonders wichtig. Jetzt gibt es einen Deal – der aber wackelig ist. Was will der neue US-Präsident in der Region?
„America first“ ist das Motto von Donald Trump. Seit seiner Amtseinführung lässt der neue US-Präsident auf Worte Taten folgen: Rechtsradikale Angreifer aufs Capitol sind inzwischen frei, und Migranten bangen um ihre Zukunft. Beim Thema Strafzölle stehen China, Mexiko und Kanada als erstes auf seiner Agenda. Auch den Nahen Osten hat Trump im Blick: Schon vor seiner Vereidigung hatte er in markanten Worten ein Ende der Kämpfe in Gaza gefordert. Eines ist immer gleich: Trump hat die eigenen Interessen im Fokus.
Andreas Reinicke ist Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Berlin und beobachtet die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten seit Jahrzehnten sehr genau. Im Podcast „Wirtschaft Welt & Weit“ beschreibt er Trumps Blick auf die Region so: „Es geht um das Interesse Israels, es geht um das humanitäre Leid. Aber es geht auch um wirtschaftliche Interessen, ganz eindeutig.“
Trump will friedliche Lösung in Nahost
NL Die WocheFür die USA, so Reinicke, sei „die Unruhe in der gesamten Region ein Problem“. Vor allem gehe es dabei um das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und Iran. Sollte sich das verschärfen, könnte sich das auf die Ölmärkte auswirken. Denn würde der Iran die Durchfahrt dieser für Öltanker so wichtigen Seeroute blockieren, wären die Folgen weltweit zu spüren: Der Ölpreis würde steigen, und Benzin würde auch in den USA teurer werden. „Diese Art von Destabilisierung der Weltwirtschaft kann auch ein Trump nicht haben wollen“, erklärt Reinicke.„Deswegen ist das Grundsatzinteresse, dass hier eine friedliche Lösung entsteht, für alle Seiten wichtig, eben auch für ihn.“
Trumps Gesprächsstil wirkt dabei von außen wenig friedlich: Er hatte gedroht, im Nahen Osten werde „die Hölle losbrechen“, wenn die von der Hamas entführten israelischen Geiseln nicht bis zu seiner Amtseinführung zurück seien. Das werde nicht gut sein für die Hamas, „und es wird - offen gesagt - für niemanden gut sein“, so Trumps Worte. Sie richteten sich an die Hamas, aber indirekt auch an Israel, einen Vorschlag für die Waffenruhe dann ebenfalls zu akzeptieren.
In der Diplomatie brauche es manchmal einen deutlichen Ton, erklärt Reinicke. Der Trump-Faktor hat für ihn durchaus eine wichtige Rolle gespielt, um zu der Waffenruhe in Gaza zu kommen - die „sehr ausgeklügelten diplomatischen Verhandlungen vorher“ allerdings ebenso. Die USA unter dem ehemaligen Präsidenten Joe Biden, aber auch Katar und Ägypten hatten ja monatelang daran gearbeitet.
Gefahr für Störungen ist groß
Und jetzt? Andreas Reinicke ist ehemaliger Diplomat und bezeichnet sich in der neuen Podcast-Folge als „berufsmäßigen Optimisten“: „Ich sehe zunächst einmal die Chancen in dieser Entwicklung, denn ohne einen Waffenstillstand wird es nicht weitergehen“, erklärt der Nahost-Experte: „Aber das ist natürlich eine wackelige Angelegenheit, und es ist noch unklar, in welche Richtung sich das entwickeln wird.“
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Die Gefahr für Störungen ist groß, und radikale Kräfte gibt es auf beiden Seiten. Ohne Druck von außen ist für Reinicke eine Einigung kaum denkbar. Die internationale Gemeinschaft müsse eine klare Linie vorgeben, fordert Reinicke - und sieht damit nicht nur die USA, sondern auch die Europäer und Deutschland in der Pflicht.
Andreas Reinicke ist Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Berlin. Als ehemaliger EU-Sonderbeauftragter für den Friedensprozess im Nahen Osten hat er die Europäische Union im damaligen Nahost-Quartett vertreten. Reinicke ist ehemaliger Diplomat und war er sowohl in Tel Aviv als auch in New York tätig.