Verhalten: Verräterische Rufe: Fledermäuse haben eine Persönlichkeit
Auch unter Fledermäusen gibt es ängstliche und mutige Individuen. Das zeigen Forschungen an nektarsaugenden Tieren aus Costa Rica
Auch unter Fledermäusen gibt es ängstliche und mutige Individuen. Das zeigen Forschungen an nektarsaugenden Tieren aus Costa Rica
Die lautlosen Jäger der Nacht sind alles andere als lautlos: Mithilfe von Rufen im Ultraschallbereich, der Echoortung, finden Fledermäuse ihre Beute: Fluginsekten, wie zum Beispiel Nachtfalter. Doch damit nicht genug: Die geflügelten Säugetiere kommunizieren auch – für menschliche Ohren unhörbar – mit Artgenossen. Denn die Tiere leben in Gruppen mit ausgeprägten Sozialstrukturen.
Forscherinnen des Museums für Naturkunde in Berlin und der niederländischen Wageningen-Universität haben nun Pallas-Blütenfledermäuse (Glossophaga soricina handleyi) in Costa Rica belauscht. Und dabei Erstaunliches herausgefunden.GEO+ Einer von uns: Wie Tiere denken und fühlen
Die nektar- und insektenfressenden Tiere leben in Mittel- und Südamerika in Gruppen von jeweils mehr als 1000 Tieren. Sechzig männliche Tiere dieser Art setzten die Forscherinnen drei verschiedenen Situationen aus. Zum einen mussten die Tiere sich in einer unbekannten Umgebung zurechtfinden. Ein andermal waren sie mit einem unbekannten Objekt in ihrer Umgebung konfrontiert. Und schließlich befand sich die Futterquelle in einer "Risikosituation": Die Nektarquelle war diesmal mit einer Taschenlampe beleuchtet – ein besonderer Reiz, der Fledermäuse eher vorsichtig macht. Die Analyse der Rufe der umherflatternden Tiere zeigte: Besonders mutige und neugierige Individuen stoßen besonders häufig soziale Rufe aus.
Verraten die Rufe etwas über den Charakter des Rufers?
Sie versuchen also nicht nur, unmittelbar mit Artgenossen Kontakt aufzunehmen. Sie verraten – ob absichtlich oder unabsichtlich – auch etwas über ihre eigene Persönlichkeit. Das könnte, so schlussfolgern die Autorinnen der im Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Studie, Artgenossen dabei helfen, "Charaktereigenschaften" der Rufer aus der Distanz einzuschätzen und soziale Interaktionen zu gestalten: "So einer ist das also!"
Die Forscherinnen halten es für möglich, dass diejenigen Individuen, die sich durch ihr Rufverhalten als besonders aktiv oder mutig zu erkennen geben, in der Gruppe herausgehobene oder zentrale Rollen einnehmen. Weitere Studien müssten nun zeigen, ob beispielsweise besonders mutige Rufer für mögliche Sexualpartnerinnen attraktiver sind.
Die Studie des deutsch-niederländischen Teams reiht sich ein in eine immer umfangreichere Forschung zu Persönlichkeiten oder individuellen Charakteren im Tierreich. Denn nicht nur Menschen können ein eher introvertiertes, ängstliches, draufgängerisches oder aggressives Wesen haben. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen verfügen über eine animal personality, eine Tierpersönlichkeit. Ebenso wie manche Primaten, Huftiere, Vögel, Reptilien, Fische – und sogar Insekten und Spinnen.