Scheitern: Warum es Menschen stark macht und wie wir daran wachsen können

Scheitern – ein Wort, das bei den meisten Menschen erst einmal Unbehagen auslöst. In der alten Welt steht es für Misserfolg und Niederlage, den Moment, in dem etwas nicht klappt, wie geplant. Doch was bedeutet es eigentlich zu scheitern und was bringt es alles mit sich? Und warum ist es in der neuen Welt wichtiger […] Der Beitrag Scheitern: Warum es Menschen stark macht und wie wir daran wachsen können erschien zuerst auf Gentleman-Blog.

Jan 26, 2025 - 14:41
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Scheitern: Warum es Menschen stark macht und wie wir daran wachsen können

Scheitern – ein Wort, das bei den meisten Menschen erst einmal Unbehagen auslöst. In der alten Welt steht es für Misserfolg und Niederlage, den Moment, in dem etwas nicht klappt, wie geplant. Doch was bedeutet es eigentlich zu scheitern und was bringt es alles mit sich? Und warum ist es in der neuen Welt wichtiger denn je, sich diesem Thema zu stellen? In diesem Beitrag für den Gentleman-Blog schreibt Business-Coach Eva Boos aus Berlin darüber, was Scheitern ausmacht, wie wir damit umgehen können und warum es ein Schlüssel zu persönlichem Wachstum ist.

Was bedeutet Scheitern?

Scheitern ist mehr als nur das Nicht-Erreichen eines Ziels. Es ist ein Zustand, in dem unsere Erwartungen und die Realität aufeinanderprallen und uns gefühlt erst einmal zurückwirft. Ob beruflich, in Beziehungen oder bei persönlichen Projekten, Scheitern fühlt sich an wie Versagen und ist in den meisten Fällen mit dem Gefühl der Scham behaftet. Doch wenn wir genauer hinsehen, ist es vor allem eine Gelegenheit, zu lernen und uns weiterzuentwickeln.

Der Philosoph Samuel Beckett drückte es treffend aus:

Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.“ 

Warum ist es heute wichtiger denn je, scheitern zu können?

Hierbei spielt der gesellschaftliche Kontext eine große Rolle, weil wir in der westlichen geprägten Welt eher ein erfolgsorientiertes Storytelling verfolgen, also gerne Erfolgsgeschichten erzählen, mit denen man gut punkten kann. Das fördert das Leistungs- und das Konkurrenzdenken. Hinzu kommt der Einfluss der sozialen Medien mit Bildern und Storys, die vor allem die perfekte Karriere zeigen – meistens ohne Scheitern. Das hinterlässt bei vielen den Eindruck, nur sie scheitern, andere nicht, was den Umgang damit noch schwieriger macht. Doch genau dieser Druck macht es notwendig, dass wir das Scheitern neu bewerten. Warum?

  1. Innovationen entstehen durch Scheitern.
    Viele Erfindungen und Fortschritte wurden aus Fehlern geboren. Von der Glühbirne, über das Penicillin bis hin zum Post-it. Unser Mut, Risiken einzugehen und dabei auch zu scheitern, treibt uns an.
  2. Authentizität gewinnt an Wert.
    Menschen schätzen Ehrlichkeit. Wer zu seinen Fehlern steht, zeigt Stärke und Charakter. Scheitern und die Fehler dahinter ebnen uns echte Verbindungen, ob beruflich oder privat.
  3. Scheitern lehrt uns Anpassung.
    In einer Welt, die sich ständig verändert, ist die Fähigkeit, sich anzupassen, unersetzlich. Scheitern zeigt uns, was funktioniert – und was nicht.

Die Verbindung zwischen Resilienz und Scheitern

Resilienz meint psychische Widerstandskraft, also das innere Vermögen, Krisen zu bewältigen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Scheitern und Resilienz sind untrennbar miteinander verbunden, weil wir aus jedem Scheitern irgendwann gestärkt hervorgehen und damit unsere Resilienz nähren.

Übrigens: Menschen, die neugierig, offen und optimistisch, also eher bejahend und zuversichtlich an Situationen herangehen und eher im Lösungsmodus sind, tun sich wesentlich leichter, mit scheitern, als Menschen, die unflexibel, perfektionistisch und kontrollierend an Situationen herangehen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. 

Wie entwickeln wir Resilienz?

  1. Selbsterkenntnis

Dazu gehört die Möglichkeit, sich selbst und die eigene Vorgehensweise in der Situation des Scheiterns zu reflektieren

  1. Emotionale Stabilisierung

Die Enttäuschung zu verarbeiten, wieder Selbstvertrauen gewinnen und den Selbstwert stabilisieren und damit psychische Widerstandskraft aufbauen, also Resilienz

  1. Neuausrichtung und Strategie 

Die Erkenntnisse aus der Situation in zukünftige Entscheidungen und Handlungen  einfließen lassen, Ziele kalibrieren oder neu ausrichten

Scheitern als Lernprozess

Inwieweit psychologische Sicherheit in Unternehmen dabei eine Rolle spielt

Die Harvard-Professorin Amy Edmondson hat den Begriff der “Psychologischen Sicherheit“ geprägt. Dieser ist in der Tat ein sehr wichtiger Ansatz, um Menschen in Unternehmen und Organisationen besser mit Scheitern umgehen zu lassen. 

Psychologische Sicherheit beschreibt ein Klima in Teams oder Organisationen, in dem sich Menschen sicher fühlen, Risiken einzugehen, Fehler zuzugeben und offen zu sprechen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen für ihren Status oder ihre Karriere zu haben. Wenn diese Sicherheit gegeben ist, fällt es Menschen leichter, Scheitern als Teil des Lernprozesses zu akzeptieren und tatsächlich aus Fehlern zu lernen.

Gerade in der Wissenschaft ist “Scheitern“ ein unabdingbarer Teil des Weiterentwicklungsprozesses. Der Begriff ist hier durchweg positiv belegt. Was unsere Gesellschaft daraus lernen kann, ist, dass Scheitern ein notwendiger Teil des Entwicklungsprozesses ist, nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für jeden einzelnen Menschen und damit die Gesellschaft. Wenn etwas nicht funktioniert, dann braucht es einen neuen Versuch.

Scheitern im privaten und beruflichen Umfeld

Menschen, die lernen, Rückschläge als Teil ihres Wachstumsprozesses zu akzeptieren, können in beiden Umfeldern leichter scheitern. Natürlich sind Resilienz, Zuversicht und Anpassungsfähigkeit gute Voraussetzungen dafür.

Was möglicherweise einen Unterschied macht, ist, dass Scheitern im persönlichen Bereich andere emotionale Auswirkungen haben kann, weil man beispielsweise bei einer Trennung sich persönlich als Mensch infrage gestellt fühlt. Im beruflichen Bereich macht sich das eher als starke Selbst-Zweifel bemerkbar, die geforderte Leistung nicht erbracht zu haben.

Warum haben Menschen Angst zu scheitern?

Die Angst zu scheitern ist eine Urangst, weil wir als Menschen das soziale und gesellschaftliche Miteinander zum Überleben brauchen. Die Angst, aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden, ist groß und konnte früher zumindest lebensbedrohlich sein.

Im beruflichen Kontext kommen wir aus dem Zeitalter der Industrialisierung, in dem Fehler nicht erlaubt waren. Und in Start-ups wünscht man sich eine Fehlerkultur als Lernprozess. Häufig fehlt aber die konkrete Umsetzung. Schulungen alleine sind hier nicht ausreichend. Wenn dann aber doch mal Fehler passieren, werden sie nicht immer als Teil eines Wachstumsprozesses gesehen, sondern als ungenügend bewertet.

Scham spielt hierbei eine Rolle. Durch Scheitern wird erstmal der eigene Wert angezweifelt, was zu einem Gefühl der Minderwertigkeit und Scham führt, weil das Selbstbild massiv infrage gestellt ist. Scham spielt vor allem eine große Rolle bei Menschen, die eine geringe Resilienz haben und Scheitern als persönlichen Mangel ansehen. Optimismus, Resilienz und ein stabiler Selbstwert helfen hier ungemein.

Was lässt Menschen leichter scheitern?

Eine großzügige, fehlerfreundliche Haltung sich selbst und anderen gegenüber, lässt uns leichter scheitern. Genau wie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die der anderen und echte Freude an Erfahrungen.

Meine 5 Tipps, um leichter zu scheitern:

  1. Eine positive Einstellung entwickeln:
    Betrachte Scheitern als Schritt auf dem Weg zum Erfolg.
  2. Unterstützung suchen:
    Offene Gespräche mit Freunden, Mentoren oder Partnern helfen, viele verschiedene Perspektiven zu gewinnen.
  3. Realistische Erwartungen setzen:
    Niemand ist perfekt, und Rückschläge gehören dazu.
  4. Sich selbst vergeben:
    Selbstkritik kann konstruktiv sein, aber sie sollte nicht überwältigen.
  5. Kleine Schritte machen:
    Große Ziele sind wichtig, aber kleine Erfolge motivieren und helfen, die Angst vor dem Scheitern zu reduzieren.

Fazit: Scheitern als Chance begreifen

Scheitern ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens – und einer der wertvollsten. Es zeigt uns, wer wir sind, wo unsere Stärken liegen und wie wir wachsen können. Für Menschen, die oft unter dem Druck stehen, stark und erfolgreich zu sein, ist es besonders wichtig, einen neuen Umgang mit dem Scheitern zu finden.

Mutig zu scheitern bedeutet, mutig zu leben. Es bedeutet, Chancen zu ergreifen, anstatt aus Angst vor Rückschlägen in Passivität zu verharren. Und wer scheitern kann, hat die beste Grundlage für langfristigen Erfolg – beruflich wie privat.

Also: Lasst uns den Perfektionismus ablegen, das Risiko umarmen und das Scheitern feiern. Denn erst, wenn wir fallen, lernen wir, wirklich aufzustehen.

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