Botanische Gärten: "Völlig neue Ökosysteme": 19-Jähriger entdeckt Dutzende tropische Tierarten in Gewächshäusern
In seinem Freiwilligen Ökologischen Jahr hat ein Nachwuchsforscher in Gewächshäusern in Berlin und Brandenburg 32 nichtheimische wirbellose Tierarten entdeckt. Nicht alle sind ungefährlich
In seinem Freiwilligen Ökologischen Jahr hat ein Nachwuchsforscher in Gewächshäusern in Berlin und Brandenburg 32 nichtheimische wirbellose Tierarten entdeckt. Nicht alle sind ungefährlich
Beheizte Gewächshäuser gehören zu den besonderen Highlights Botanischer Gärten. Doch neben exotischen Pflanzenarten beherbergen sie oft weitere Bewohner. Darunter auch unerwünschte.
Ein Nachwuchsforscher der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist nun in 24 Gewächshäusern in Berlin und Brandenburg auf Pirsch gegangen – und hat 32 nichtheimische Arten von tropischen und subtropischen Insekten, Würmern und anderen wirbellosen Arten entdeckt. Die größte Gruppe der heimlichen Bewohner stellen die Ameisen mit 14 verschiedenen Spezies. Die Ergebnisse hat der erst 19-jährige Absolvent eines Freiwilligen Ökologischen Jahrs (FÖJ) Elias Freyhof nun im Fachblatt "Contributions to Entomology" veröffentlicht.
Neben Ameisen fanden Freyhof und ein weiterer Freiwilliger sieben Arten von Spinnentieren, sechs Schnecken-, zwei Tausendfüßer-, eine Assel-, eine Flohkrebs-, eine Landplanarien- und eine Schnurwurmart. Einige der exotischen Spezies konnte Freyhof erstmals in Deutschland und sogar in Europa nachweisen.strudelwurm
Und manche von ihnen stellen möglicherweise für die heimische Flora und Fauna eine Gefahr dar. Zwar können die meist tropischen Wirbellosen einen Frostwinter im Freiland kaum überleben. Doch durch den Austausch von Pflanzen und Pflanzboden zwischen den Gewächshäusern könnten "völlig neue Ökosysteme entstehen", sagt Freyhof.
Klimawandel begünstigt die Verbreitung neuer Arten
Langfristig könnten die Arten aber auch von steigenden Temperaturen im Klimawandel profitieren. Und auch Winter im deutschen Freiland überstehen. "Diese Arten können zu Schädlingen werden, deren Bekämpfung schwierig und kostspielig sein kann", sagt Freyhof in einer Pressemitteilung. "Ihre Ansiedlung birgt zudem das Risiko, dass sie oder ihre Krankheiten sich von den Gewächshäusern auf Lebensräume im Freien ausbreiten."
Erst kürzlich war in einem Garten in Nordrhein-Westfalen ein fingergroßer, fleischfressender Strudelwurm entdeckt worden. Die Art stammt ursprünglich aus Australien und Neuseeland. Forschende halten es für möglich, dass der Wurm mit Pflanzen oder Erde unabsichtlich nach Deutschland eingereist ist und in Gewächshäusern des Gartenhandels überlebt hat.
Die Recherche von Elias Freyhof und seinem Kollegen ist Pionierarbeit. Nun ermuntern die Autoren Studierende, interessierte Laien ebenso wie Experten, die Tierwelt in Gewächshäusern zu untersuchen und zu dokumentieren. Zum Beispiel im eigens dafür neu geschaffenen Projekt "Greenhouse fauna of Europe" der Plattform iNaturalist.