BBNM-Vorstand Varesi: Warum die E-Mobilität nicht mehr aufzuhalten ist

Andreas Varesi, Vorstand des Bundesverbands Beratung neue Mobilität, erklärt in einem Interview, warum am E-Auto kein Weg mehr vorbei führt. Der Beitrag BBNM-Vorstand Varesi: Warum die E-Mobilität nicht mehr aufzuhalten ist erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

Jan 27, 2025 - 16:28
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BBNM-Vorstand Varesi: Warum die E-Mobilität nicht mehr aufzuhalten ist

Im Interview mit dem Messeveranstalter Power2Drive Europe erklärt Andreas Varesi, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Beratung neue Mobilität e.V. (BBNM), warum am Elektroauto kein Weg mehr vorbei führt. Politische Vorgaben wie die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) lassen Betreibern größerer Flotten demnach gar keine andere Wahl, als auf E-Autos umzusteigen. Und für die Hersteller könnten vor allem große, durstige SUV richtig teuer werden.

„Hier sind in Deutschland ca. 15.000 Unternehmen direkt von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Ergreifung entsprechender Maßnahmen betroffen“, so Varesi über die Dimension der CSRD-Richtlinie. „Viele der heute bereits berichtspflichtigen Unternehmen haben sich das strategische Ziel gesetzt, zwischen 2030 und 2035 ihre Flotte vollständig zu elektrifizieren“, erklärt er weiter. Da es sich hierbei um Konzerne handle, seien die Fuhrparks auch „entsprechend groß. Alleine die Telekom stellt gerade ihre Flotte von knapp 19.000 Pkw auf E-Antrieb um.“

Betroffen seien aber auch die Zulieferer und Partner, da Unternehmen ihre CO2-Ziele über alle Scopes hinweg – Bereiche, denen Treibhausgas-Emissionen im Rahmen der CO2-Bilanzierung zugeordnet werden – erfüllen müssen. Deshalb müssen Zulieferer und Partner ebenfalls „entsprechende Nachweise liefern und Maßnahmen ergreifen um weiterhin Aufträge zu erhalten“. Dieser Trickle-Down-Effekt zwinge somit „deutlich mehr Unternehmen zum Umstieg“ auf Elektrofahrzeuge, beispielsweise Logistikunternehmen.

Auch das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) treffe „wesentlich mehr Unternehmen als erwartet“, so Varesi weiter. Ursprünglich sei die BAFA von 12.400 betroffenen Betrieben ausgegangen, die mindestens 2,5 GWh Energie verbrauchen und daher zu Einsparmaßnahmen verpflichtet seien. „Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Zahlen nun auf über 55.000 Firmen nach oben korrigiert“, erklärt Varesi. Der Grund dafür sei, „dass bei vielen Unternehmen der größte Energieverbraucher der Fuhrpark ist“, bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) liege der Schnitt bei mehr als 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs.

Varesi geht davon aus, dass alleine wegen dieser beiden Gesetze im Jahr 2025 „über 30.000 Konzerne und große Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung ihrer Flotten ergreifen“ müssen. „Wenn aufgrund dessen pro Unternehmen im Schnitt 20 Kfz getauscht werden, so ergibt das mindestens 600.000 neu zugelassene Elektrofahrzeuge“, rechnet er vor. Zum Vergleich: In Deutschland sind im vergangenen Jahr insgesamt (gewerblich und privat) etwa 380.000 Elektroautos neu zugelassen worden.

Der Umstieg auf Elektroantriebe werde auch preislich immer attraktiver. Zwar seien die Anschaffungskosten von E-Fahrzeugen gerade im Nutzfahrzeugsektor immer noch deutlich höher als für Diesel-betriebene Fahrzeuge. Dem stehen aber signifikante Einsparungen bei den Treibstoffkosten, der Maut, Steuern sowie Wartung gegenüber. Im Pkw-Bereich jedoch sei die Preisparität in China „bereits heute Realität“, in Deutschland rechnet Varesi damit in ein, zwei Jahren.

Varesi räumt in dem Interview auch mit dem Mythos des „Verbrenner-Verbots“ auf, der zu Verunsicherung in der Bevölkerung führt und die Diskussionen um den Antrieb der Zukunft verfälscht. „Mit dem Begriff ‚Verbrenner-Verbot‘“, den Varesi als „populistisch“ bezeichnet, „werden Konsumenten massiv in die Irre geführt“, sagt er. Denn die EU-Emissionsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge besagen lediglich, dass ab 2035 ausschließlich Neufahrzeuge CO2-frei unterwegs sein müssen. „Verbrenner, die nur mit E-Fuels fahren sind weiter zulässig, Bestandsfahrzeuge sind nicht betroffen.“ Darauf weisen wir auch in unserer Berichterstattung auf Elektroauto-News regelmäßig hin.

Der Bevölkerung werde, wie Varesi kritisiert, „hingegen suggeriert, dass ihnen des Deutschen liebstes Kind weggenommen wird.“ Das habe dem deutschen Autohandel „großen Schaden zugefügt, denn die Konsumenten sind verunsichert und kaufen sich erst einmal überhaupt kein neues Auto, egal ob Verbrenner oder Stromer.“ Die EU indes hat bereits mehrmals darauf hingewiesen – zuletzt Klimakommissar Wopke Hoekstra sowie Vizepräsidentin Teresa Ribera – dass sie am fossilen Verbrenner-Aus 2035 festhalten will und somit dafür gesorgt, was viele Autohersteller und manche Politiker stetig fordern: Planungssicherheit.

Für Verbraucher sowie die „soziale Akzeptanz des E-Autos“, wie Varesi es umschreibt, könne nur erreicht werden, wenn Elektroautos „für Normalverdiener erschwinglich werden und das Laden einfacher und günstiger wird.“ Einer der wichtigsten Punkte sei die Preisparität, „den Durchbruch“ würde „ein Sozialleasing wie in Frankreich mit monatlichen Raten unter 100 Euro und ohne hohe Bonitätsanforderungen bringen“, so der Berater. Denn „gerade bei schmalem Geldbeutel entscheidet am Ende immer der Preis.“

„Das sind sagenhafte 14.383 Euro Strafe pro verkauftem SUV“

Die magische Grenze von weniger als 100 Euro im Fahrzeugleasing könnte aber auch auf dem normalen Markt geknackt werden, vermutet Varesi, da Autohersteller „alles tun“ würden, „um hohe Strafzahlungen zu vermeiden“. Eine interessante Rechnung verdeutlicht, wie hoch die Strafen ausfallen können: Ein SUV wie der VW Touareg 3.0 stoße je Motorisierung bis zu 245 g/km CO2 aus, seit Anfang 2025 aber liegt der Grenzwert bei nur noch 93,6 g/km. „Das sind 151,4 Gramm zu viel. Pro Gramm und Fahrzeug kostet das 95 Euro Strafe, also sagenhafte 14.383 Euro pro verkauftem SUV“, so Varesi.

Quelle: Power2Drive – Elektromobilität im Aufwind: Chancen, Herausforderungen und Regeln

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