Wohnungsmarkt: Steigende Mietpreise: Die Mieter zahlen für die Wohnungsnot

Die Immobilienpreise sind wieder auf einem stabilen Niveau, die Mieten aber steigen weiter rasant. Was das für Großstadtmieter und Käufer bedeutet

Feb 5, 2025 - 11:25
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Wohnungsmarkt: Steigende Mietpreise: Die Mieter zahlen für die Wohnungsnot

Die Immobilienpreise sind wieder auf einem stabilen Niveau, die Mieten aber steigen weiter rasant. Was das für Großstadtmieter und Käufer bedeutet

Die Zeit der Zugeständnisse ist allmählich vorbei. Im vergangenen Jahr zeigten sich Haus- und Wohnungsverkäufer noch verhandlungsbereit, um für ihre Immobilien einen Abnehmer zu finden. Häufig ließen sie sich auf größere Preisnachlässe ein, damit Kaufwillige überhaupt zuschlugen. Die ächzten nämlich unter den stolzen Preisen und hohen Kreditzinsen und zögerten oft in der Hoffnung, die Preise würden noch weiter sinken. Inzwischen aber hat der Markt sein neues Niveau gefunden. Die Preise steigen mancherorts wieder leicht und bewegen sich im Bundesdurchschnitt seitwärts. Deshalb räumen die Besitzer – wenn überhaupt – nur noch sehr kleine Rabatte ein.

Der Immobilienmarkt ist jetzt kein Käufermarkt mehr, sondern hat ein neues Gleichgewicht gefunden. Nur in einer Hinsicht noch nicht: bei den Mieten. Dort nämlich sind die Veränderungen noch groß, um 4,7 Prozent legten die Mieten bundesweit im Vergleich zum Vorjahr zu. Und „eine Marktentspannung bei den Mieten ist nicht zu erwarten“, sie dürften auch 2025 weiter steigen, sagen die Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts IW in ihrem aktuellen Wohnindex. Mietwohnungen sind derzeit enorm stark gefragt, trotz Wirtschaftsflaute. 

Das liegt an drei Faktoren: Erstens hält der Zuzug in die Großstädte an, weil es hier Arbeitsplätze gibt. Zweitens ist es für Käufer immer noch schwierig, den Sprung ins Wohneigentum zu schaffen, weil die Quadratmeterpreise noch immer hoch sind, zudem sind die Finanzierungskosten – gemessen am Einkommen – noch nicht weit genug gesunken, obwohl die Notenbanken die Zinsen schon heruntergeschraubt haben. Deswegen warten viele Kaufwillige lieber ab und bleiben erst mal Mieter. 

Die Baulücke behindert Käufer

Die dritte und entscheidende Rolle aber spielt der Neubau, der ist quasi nicht mehr existent. Weil kaum neue Wohnungen gebaut werden, tut sich in den Ballungsräumen längst eine gigantische Baulücke auf. Über eine Million Wohnungen fehlen gerade dort, wo sie am nötigsten wären, schätzen Marktanalysten. Das führt dazu, dass immer mehr Menschen zwangsläufig in der Mietwohnung bleiben müssen. Und es vergrößert den Druck auf den Wohnungsmarkt enorm. 

„Die Mieter zahlen für den Wohnungsmangel“, so fasst es das IW zusammen. Und die Mietaufschläge sind stattlich: Auf Jahressicht legten die Mieten in Berlin im Schnitt um 8,5 Prozent zu, in Essen um 8,2 Prozent und Frankfurt 8 Prozent. In Leipzig und Düsseldorf waren es rund 7 Prozent. Etwas geringer steigen die Wohnraummieten in Hamburg, Köln, Dortmund und München: um 4,3 bis 5,4 Prozent. Stuttgarter Vermieter schlugen rund 3,8 Prozent auf. 2024 war damit bereits das zweite Jahr, in dem die Wohnkosten für Mieter merklich stiegen.Wieso werden Baukredite teurer, obwohl die Zinsen sinken? - Capital.de

Seit Mitte 2022 – dem Zeitpunkt, an dem die Europäische Zentralbank die Marktwende einläutete und erstmals wieder die Zinsen erhöhte – stiegen die Mieten in den sieben größten deutschen Metropolen um rund 10 bis 12 Prozent. In Berlin sogar um sagenhafte 22 Prozent. 

Das dürfte für Mieter ein enormer Schlag ins Haushaltsbudget sein, zumal die meisten Angestellten in diesen zwei Jahren keine Lohnerhöhungen im gleichen Ausmaß erhielten – und zeitgleich noch die Inflation anstieg, was Lebensmittel sowie Konsumgüter und natürlich auch die Energie- und Nebenkosten enorm in die Höhe schnellen ließ. Man darf den Anstieg der Wohnkosten um über 10 Prozent daher durchaus als dramatisch bezeichnen. Zumal sie in fast jedem Haushalt den weitaus größten Ausgabenposten darstellen.

Das ganze Ausmaß des Preisverfalls

Im Grunde glichen die Mietsteigerungen damit ungefähr die Preisdelle aus, die der Markt seit dem Höchststand Mitte 2022 erlebte, ermittelten die IW-Forscher. Sie wollten wissen, wie hoch die Abschläge bei den Immobilienpreisen seitdem tatsächlich waren: In den A-Städten, also den sieben Metropolen, fielen die Kaufpreise im Schnitt um knapp 11 Prozent. In B- und C-Städten waren es fast 8 Prozent. In kleineren Städten rund 7 Prozent. Das war also das Gesamtausmaß des „großen Immobilienpreisverfalls“ nach der Zinswende. Eher eine Korrektur als ein wirklicher Crash.

Das Perfide an den Mietanstiegen ist nun: Sie stabilisieren die Immobilienpreise auf dem noch immer recht hohen Niveau. Denn je höher die Jahresmieterträge, desto eher sind auch hohe Kaufpreise wieder gerechtfertigt. Das Verhältnis zwischen beiden Faktoren gibt das Kaufpreis-Mieten-Verhältnis an, das Immobilienanalysten Aufschluss darüber gibt, wie fair ein Objekt bewertet ist. Und das wird nun absehbar dazu führen, dass sich wieder mehr Investoren für Immobilienkäufe interessieren werden, wie durch die höheren Mieten auch die Renditen steigen. Der Markt dürfte sich also deutlich beleben. Scheidung: Wem gehört das Haus nach der Trennung? - Capital.de

Für Selbstnutzer sind das eher keine guten Nachrichten. Aus ihrer Warte sind Häuser und Eigentumswohnungen heute weniger erschwinglich als noch 2022. Trotz niedrigerer Preise. Und obwohl immer mehr Käufer notgedrungen ins Umland der größeren Städte ausweichen, auch das belegen die IW-Zahlen. Die Erschwinglichkeit sank, weil die Preise eben nicht tief genug gesunken sind, um die gestiegenen Zinsen auszugleichen. Die Bauzinsen liegen ungefähr dreimal so hoch wie noch zur Hochphase des Booms. Und größere Rückgänge bei den Zinsen sind nicht zu erwarten – trotz der neuerlichen Zinssenkungen, die von den Notenbanken angekündigt worden sind. Der Markt hat sie inzwischen weitgehend eingepreist.

Was Käufern und Mietern helfen würde

Es gibt im Grunde nur eines, was Kaufwilligen und Mietern gleichermaßen helfen würde: Es müssten dringend wieder mehr Wohnungen gebaut werden. Viel mehr. Dazu müssten man die Investoren dringend ermuntern, und nicht zum Kauf von Bestandsbauten. Denn für die Geldgeber wäre das Bauen und Vermieten angesichts hoher Wohnkosten ebenfalls lukrativ. Das Problem ist nur: Es wird Jahre dauern, bis ich der neu geweckte Bauwille wieder in steigenden Fertigstellungszahlen manifestieren wird. Dazu dauern die Planungs- und Genehmigungsverfahren hierzulande viel zu lang, die Bauvorschriftenkataloge sind zu üppig und die Baukosten infolgedessen auch viel zu hoch. 

Wenn die Branche daher nicht endlich Abstriche macht, um das Bauen zu vereinfachen und wieder erheblich billiger zu machen, werden weiterhin die Mieter die Zeche zahlen. Dann könnte der Wohnraummangel tatsächlich zu einem enormen gesellschaftlichen Problem werden.