Wie Du mit KI Dein UX-Research boosten kannst #experiencecampfire
In der Geschäftswelt stehen aktuell Effizienz und Geschwindigkeit stark im Mittelpunkt, und das betrifft auch UX-Research. Die Automatisierung von UX-Research mit KI nimmt […]
In der Geschäftswelt stehen aktuell Effizienz und Geschwindigkeit stark im Mittelpunkt, und das betrifft auch UX-Research. Die Automatisierung von UX-Research mit KI nimmt aktuell Fahrt auf. Um mehr über die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich zu erfahren, haben wir den Experten für automatisiertes UX-Research, David Ranftler, ins Experience Campfire eingeladen. David ist seit über zehn Jahren in der digitalen Produktentwicklung tätig und derzeit Lead Product Researcher bei sipgate. Zudem hat er xelper gegründet, ein innovatives Tool, das UX-Research durch automatische Interviews und deren Auswertung beschleunigt.
David hat Maschinenbau und Kommunikationswissenschaft studiert und kam früh mit dem Thema Mensch-Maschine-Schnittstelle in Kontakt. Während seines Studiums beschäftigte er sich intensiv mit Design Thinking und der Frage: “Wie arbeiten gute Designer:innen?”. Nach einem Umweg über ein Startup kam er zu sipgate, wo er zunächst der Geschäftsleitung half, die Kund:innen besser zu verstehen. Heute führt er eine Community von sieben UX-Researcher:innen, die in den Produktentwicklungsteams von sipgate arbeiten und diese bei anwenderorientierten Vorgehensweisen unterstützen.
Die Herausforderungen im UX-Research
David sieht die größten Herausforderungen im UX-Research aktuell im Kapazitätsengpass und bei strategischen Fragestellungen. In Unternehmen gibt es oft mehr Fragen als UX-Researcher:innen, die diese beantworten können. Daher ist eine harte Priorisierung notwendig, um zu entscheiden, welche Teams durch UX-Research unterstützt werden. Darüberhinaus ist der Fokus von UX-Research ausbaufähig. Wenn es um featurespezifische oder entwicklungsbegleitende Fragestellungen geht, ist UX-Research heute sehr gut aufgestellt. Kniffeliger wird es, wenn es um strategische Fragestellungen geht. Fragen wie “Wohin soll sich das Produkt aus Sicht der Anwender:innen in den nächsten 2 Jahren entwickeln?” sind nicht mal eben mit einem Usability-Test beantwortet.
Automatisierung im UX-Research
Bei sipgate erfolgt das entwicklungsbegleitende UX-Research größtenteils noch nach klassischen Methoden. Zeitaufwändige Aufgaben, wie das Transkribieren von Interviews, werden bereits maschinell erledigt. David erwartet, dass die Automatisierung vor allem den operativen Teil des UX-Research betreffen wird – also Datenerhebung, Datenauswertung und Datenvisualisierung. Der Beginn eines UX-Research Projektes wird weiterhin menschlichen Einsatz erfordern. Es muss mit Stakholder:innen geklärt werden, welche Fragen zu beantworten sind und welche es auch wert sind, beantwortet zu werden. Auch das Ende einer UX-Research-Studie, wo es um die Kommunikation, das Einordnen von Erkenntnissen und das Ableiten von Maßnahmen geht, erfordert menschliches Geschick. Kurz gesagt: Immer dann, wenn zwischenmenschliche Interaktionen erfolgskritisch sind, kann KI die Arbeit nicht übernehmen.
Trotz seiner Begeisterung für KI sieht David noch einige Herausforderungen. Klar abgegrenzte Aufgaben, wie zum Beispiel Transkriptionen, können KI-Tools super gut erledigen. Da lohnt es sich schon nicht mehr, das manuell zu bearbeiten. Bei Interviews sollte man aktuell noch genau hinschauen, ob sie von KI durchgeführt werden können. Wenn das Interview lang dauert oder es um Emotionen geht, dann ist ein Interview-Bot sicher nicht der richtige Ansatz. Bei der Auswertung haben einige KI-Tools noch Probleme mit der Nachvollziehbarkeit. Die meisten Tools können nicht klar zeigen, wie sie zu bestimmten Ergebnissen gekommen sind. David empfiehlt daher UX-Researcher:innen, die Ergebnisse von KI aktuell noch sorgfältig zu überprüfen. Generell ist es gut, viele Tools auszuprobieren und zu lernen, was unter Berücksichtigung des Kontexts und der Zielgruppen des Unternehmens wirklich automatisiert werden kann.
Wenn man das Ganze ein bisschen weiter denkt, könnte man auf den Gedanken kommen, dass KI UX Researcher:innen ersetzen wird. David glaubt das nicht. KI macht UX-Researcher:innen vor allem effizienter. Es können mehr Fragen beantwortet werden. Auch wenn der Bedarf an UX-Researcher:innen insgesamt niedriger werden kann, so wird die Rolle nicht wegfallen. Es werden weiterhin Personen benötigt, die
- die richtigen Fragen erkennen,
- beurteilen können, ob es sich lohnt, sie zu beantworten,
- die richtigen Methoden zur Beantwortung konzipieren und
- die Ergebnisse effektiv kommunizieren.
KI wird zu einem normalen Werkzeug für UX-Research. UX-Researcher:innen tun gut daran, darüber nachzudenken, wie sie UX-Research-Prozesse für das Unternehmen aufbauen können, in denen ein Großteil der operativen UX-Arbeit automatisiert läuft. Dies schafft Raum für wichtige Themen und hilft UX-Research im Unternehmen zu skalieren. Wichtig ist dabei nur, dass die UX-Researcher:innen diese Prozesse in der Hand behalten und sicherstellen, dass am Ende nützliche Erkenntnisse herauskommen.
Künstliche Intelligenz ist auch nicht für alle Fragestellungen und Methoden geeignet. Eine teilnehmende Beobachtung muss beispielsweise auf absehbare Zeit von Menschen durchgeführt werden.
Xelper: Ein Schritt in die Zukunft
Die Idee zu xelper kam David, als er viele Interviews in einer Woche durchführen musste. Inspiriert durch erste Experimente mit ChatGPT 4 und die erstaunlich guten Ergebnisse gründete er zusammen mit seinem Mitgründer Paul Wesendonk xelper. Dieses Tool ermöglicht es, Interviews schnell und mit minimalem Aufwand durchzuführen sowie auszuwerten. Der Prozess ist denkbar einfach: Man lädt den Interview-Leitfaden hoch, xelper konfiguriert den Interview-Bot, man lädt die Zielgruppe mit einem Link zum Interview ein, der Interview-Bot führt die Interviews durch und man erhält innerhalb von 24 Stunden ein detailliertes Analyse-Dashboard.
Erste Erfahrungen
Die Rekrutierung der Testpersonen bleibt im Wesentlichen unverändert. Die Testpersonen werden entweder über ein Panel oder direkt rekrutiert. David hat die Erfahrung gemacht, dass sich auch schwer erreichbare Zielgruppen auf Chatbots einlassen. Solange eine Zielgruppe grundsätzlich bereit ist, einen Fragebogen auszufüllen, wird sie auch mit dem Interview-Bot kommunizieren.
Bei der Gestaltung des Bots ist man relativ frei. Der Chatbot kann frei um ein bestimmtes Thema herumfragen oder sich an einem konkreten Leitfaden mit gezielten Fragen orientieren. Je strukturierter die Fragen vorbereitet sind, desto besser ist die Analyse. Am besten funktioniert es, wenn der Interview-Bot möglichst konkrete Situationen aus der Vergangenheit abfragt.
Wie ist die UX aus Sicht der Testpersonen? Die meisten Testpersonen erwarten, dass sie durch den Link zu einer Umfrage geführt werden. Die Tatsache, dass es sich um ein Interview mit einem Chatbot handelt, wird sehr positiv aufgenommen. Die Testpersonen chatten gerne bis zu 20 Minuten mit dem Interview-Bot. Das Engagement der Testpersonen ist beim Interview-Bot höher als bei klassischen Online-Befragungen. Dies könnte auch daran liegen, dass diese Art der Datenerhebung noch so neu ist. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass sich dieses Vorgehen insbesondere für taktisches bzw. entwicklungsbegleitendes UX-Research eignet.
Hier kannst Du Dir selbst ein Bild machen: Link zum Test-Interviewbot
Wie weit kann das gehen?
Die Extraktion von konkreten Erkenntnissen wie z.B. Requirements oder Needs (Jobs to be done) ist derzeit theoretisch denkbar. Vorausgesetzt, die Auswertung erfolgt auf Basis von Primärdaten realer Nutzer:innen, die KI verfügt über Kontextwissen und die Struktur, in der die Ergebnisse vorliegen sollen, ist klar. Was Interview-Bots dabei nicht berücksichtigen können, sind Emotionen. Diese sind schon in einem menschlichen Interview schwer zu erfassen.
Datenschutz
Beim Einsatz von KI-Tools spielt der Datenschutz eine wichtige Rolle. David empfiehlt, darauf zu achten, dass alle Daten auf Servern in der EU liegen und der Anbieter vertrauenswürdig ist. Außerdem sollte ausgeschlossen werden, dass der Anbieter die Daten zum Training seines Tools verwendet. Für den praktischen Einsatz solcher Tools sind außerdem meist eine Auftragsdatenvereinbarung und eine TOM-Prüfung notwendig.
Einstieg in KI für UX-Researcher:innen
Zum Abschluss gab David Tipps für den Einstieg in das Thema KI. Er empfiehlt UX-Researcher:innen, sich auf textbasierte GenAI-Tools zu konzentrieren, da Sprache eine wesentliche Arbeitsgrundlage von UX-Researcher:innen ist. Ein Grundverständnis darüber, wie KI-Bots und große Sprachmodelle funktionieren, ist unerlässlich, um die Limitationen und Einsatzmöglichkeiten zu erkennen und die Qualität der Erkenntnisse einschätzen zu können. (Siehe “Wir Würfeln Wörter! So funktioniert ChatGPT! (Intuition)” ) Danach kann es an das praktische Ausprobieren im eigenen Arbeitsalltag gehen.
Außerdem empfiehlt er sich mit den Auswirkungen von KI in den Produkten selbst und deren UX zu beschäftigen.
Insgesamt warf David einen optimistischen Blick auf die Zukunft. Die Automatisierung im UX-Research bietet viele spannende Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern und mehr Insights zu generieren. Mit Tools wie xelper stehen wir erst am Anfang einer faszinierenden Entwicklung, die die Zukunft des UX-Research nachhaltig prägen wird.
Vielen Dank
Vielen Dank, David, dass Du Deine Erfahrungen und Einsichten ins automatisierte UX-Research mit uns geteilt hast. Vielen Dank an Ergosign und cxomni für die Unterstützung dieses Experience Campfires.