Wahlkampf 2025: Merkel gegen Merz [Gesundheits-Check]

Gestern hat sich Friedrich Merz mit der Abstimmung über seine Pläne zur Migrationspolitik sehenden Auges in eine höchst prekäre Situation gebracht. Der AfDler Baumann, hocherfreut über den gemeinsamen Abstimmungserfolg, hat Merz wegen dessen winkeladvokater Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Argumentation in Sachen Brandmauer vorgehalten, das sei kein „Kanzlerformat“ gewesen. Da hat er Recht, auch wenn Mauerabbruch-Baumann damit meinte, Merz hätte…

Jan 30, 2025 - 19:49
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Wahlkampf 2025: Merkel gegen Merz [Gesundheits-Check]

Gestern hat sich Friedrich Merz mit der Abstimmung über seine Pläne zur Migrationspolitik sehenden Auges in eine höchst prekäre Situation gebracht. Der AfDler Baumann, hocherfreut über den gemeinsamen Abstimmungserfolg, hat Merz wegen dessen winkeladvokater Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Argumentation in Sachen Brandmauer vorgehalten, das sei kein „Kanzlerformat“ gewesen. Da hat er Recht, auch wenn Mauerabbruch-Baumann damit meinte, Merz hätte sich mutig zur AfD bekennen sollen.

Man versteht in der Tat nicht, was Merz da geritten hat. Er hat die Situation mutwillig heraufbeschworen, ohne dass es dafür im parlamentarischen Verfahren etwas für ihn zu gewinnen gab. Im Gegenteil, spätere Koalitionsverhandlungen hat er damit erschwert. Das legt den Verdacht nahe, dass er mit Blick auf Wählerstimmen nur eine inhaltliche Positionierung prominent platzieren wollte, ohne Rücksicht auf die sonstigen Folgen.

Seine Erschütterung über die jüngsten Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg ist ihm abzunehmen, aber man soll damit keine politischen Spielchen verbinden. Im letzten November hat Scholz, mit seinen CumEx-Erinnerungslücken selbst nicht unbedingt ein Protagonist politischer Verantwortung, Merz und Lindner vorgehalten, in der aktuellen Situation brauche man “verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker, (…) keine Spieler und keine Zocker”. Richtig. Jetzt hat Angela Merkel, Merz‘ alte Gegnerin, den gleichen Punkt moniert. Merz habe vor kurzem vorgeschlagen, im Bundestag nur noch gemeinsam mit den Ampelparteien vereinbarte Themen abstimmen zu lassen, um der AfD einen Zustimmungserfolg zu verwehren:

„Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze. Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“

Was für ein Fiasko! Die Altkanzlerin der CDU geht den Kanzlerkandidaten der CDU frontal an und spricht ihm damit eigentlich das Kanzlerformat ab. Ob das mitten im Wahlkampf auf offener Bühne zu tun, klug war, sei dahingestellt, aber gewiss wird man bilanzieren müssen, dass es Merz nicht hätte dümmer anstellen können. Dass sein mutmaßliches Kalkül, damit Stimmen von der AfD zurückzuholen, am Ende vielleicht auch nicht aufgeht und er eher die Normalisierung und Wählbarkeit der AfD befördert hat, ist nur ein weiterer Mosaikstein einer bei diesem Thema unangemessenen Zockermentalität. Bei Black Rock mag so etwas cool gewesen sein, in der Migrationspolitik ist es nur verantwortungslos. Das wäre es übrigens sogar dann, wenn sein Kalkül aufginge. Auch in der Politik geht es nicht nur um Stimmengewinne um jeden Preis.