Verteidigungsministerium. stoppt Präsenz auf Twitter, äh, X (Nachtrag: Regierungssprecher)

Das Verteidigungsministerium hat die Präsenz des Wehrressorts, der Bundeswehr und nachgeordneter Dienststellen auf dem Kurznachrichtendienst X, dem ehemaligen Twitter, des US-Oligarchen Elon Musk gestoppt. Grund dafür sei vor allem, dass dort der sachliche Austausch von Argumenten zunehmen erschwert wird. Die Mitteilung vom (heutigen) Mittwoch im Wortlaut Das Verteidigungsministerium wird den BMVg-Kanal auf der Plattform „X“ ab dem 15. Januar 2025 ruhen lassen und auf absehbare Zeit nicht mehr proaktiv auf dem Kanal posten. Daneben werden künftig auch die X-Kanäle des

Jan 26, 2025 - 14:41
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Verteidigungsministerium. stoppt Präsenz auf Twitter, äh, X (Nachtrag: Regierungssprecher)

Das Verteidigungsministerium hat die Präsenz des Wehrressorts, der Bundeswehr und nachgeordneter Dienststellen auf dem Kurznachrichtendienst X, dem ehemaligen Twitter, des US-Oligarchen Elon Musk gestoppt. Grund dafür sei vor allem, dass dort der sachliche Austausch von Argumenten zunehmen erschwert wird.

Die Mitteilung vom (heutigen) Mittwoch im Wortlaut

Das Verteidigungsministerium wird den BMVg-Kanal auf der Plattform „X“ ab dem 15. Januar 2025 ruhen lassen und auf absehbare Zeit nicht mehr proaktiv auf dem Kanal posten.

Daneben werden künftig auch die X-Kanäle des Generalinspekteurs, des nachgeordneten Bereichs, z.B. der Inspekteure und Befehlshaber sowie der zentrale X-Kanal der Bundeswehr ruhen.
Hauptgrund für die Entscheidung ist, dass nach Bewertung des BMVg der sachliche Austausch von Argumenten zunehmend erschwert wird.

Das BMVg nutzt künftig alternativ einen WhatsApp-Kanal, um zum Beispiel über relevante Termine und Entscheidungen des Ministers sowie über Neuigkeiten aus dem Ministerium zu informieren.

Dabei ist klar: Ein Social-Media-Kanal allein kann nicht alle Anforderungen an die Kommunikation eines Ministeriums erfüllen. Für eine transparente und breite Kommunikation des Geschäftsbereichs werden daher auch in Zukunft unterschiedliche Kommunikationsformen und Ausspielwege gewählt.
Dazu gehören:

  *   Der bestehende Instagram-Kanal des BMVg;
  *   Pressemitteilungen und Pressinformationen, z.B. zur Verteilung von Pressestatements des Ministers;
  *   Veröffentlichungen von längeren Experten-Interviews auf YouTube zu aktuellen, wichtigen Themen (Format „Nachgefragt“);
  *   Unsere Websites BMVg.de und Bundeswehr.de;
  *   Weitere Social-Media-Kanäle.

Das BMVg behält sich vor, in Ausnahmefällen auf X mit Posts zu reagieren – etwa im Falle von Desinformations-Kampagnen.

Nachtrag: Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit werden Kanzleramt und das Bundespresseamt dem Beispiel des Verteidigungsministeriums vorerst nicht folgen, so wie es aussieht auch andere Bundesministerien nicht. Die Aussagen des Regierungssprechers, Oberst Mitko Müller für das Verteidigungsministerium und der Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Kathrin Deschauer, vor der Bundespressekonferenz zum Nachhören:

20250115 BPK X Twitter     

 

Das Transkript dazu:

Frage: Herr Hebestreit, das Verteidigungsministerium hat heute erklärt, dass es auch seinen X-Account ruhen lassen will. Jetzt noch einmal die Frage ‑ die kam ja schon vorletzte Woche, glaube ich ‑, ob der Bundeskanzler oder das Bundespresseamt Ähnliches plant.

StS Hebestreit: Das Verteidigungsministerium hat uns frühzeitig im Ressortkreis darüber informiert, dass es die Tätigkeiten auf X ruhen lassen will. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Ich habe hier auch schon verschiedentlich deutlich gemacht: Das ist eine schwierige Abwägung, in welchem Umfeld man sich einerseits aufhält, anderseits aber auch, wie man weitestmöglich Präsenz zeigen kann. Das muss man immer wieder bewerten. Wir haben das im Ressortkreis miteinander besprochen. Das Verteidigungsministerium hat seine Position klar bezogen. Und wir bleiben weiterhin dabei, dass wir vorerst ‑ „for the time being“ ‑ auch auf dieser sicherlich nicht unumstrittenen Plattform bleiben.

Zusatzfrage: Frau Ungrad, wie sieht das mit dem Wirtschaftsminister aus? Der ist ja, glaube ich, auch erst vor ein paar Monaten wieder auf X zurückgekehrt. Bereut er diesen Schritt mittlerweile oder bleibt er da jetzt erst einmal?

Ungrad (BMWK): Mir sind keine Änderungen bekannt. Es ist nicht geplant, dass wir das Vorgehen ‑ zumindest zunächst ‑ ändern. Zur Begründung schließe ich mich dem Regierungssprecher an. Dazu haben wir uns hier auch schon geäußert. Mir liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, dass das geändert wird.

Frage: Ich würde die Frage gern an das Auswärtige Amt richten. Sie haben ja Ihre Praxis gestern auch verändert. Vielleicht können Sie noch einmal erklären, warum Sie einen etwas anderen Weg wie das Verteidigungsministerium gewählt haben und wie genau das jetzt bei Ihnen funktioniert, wenn Sie Nachrichten auf Englisch, wenn ich es richtig verstehe, auf Bluesky verbreiten.

Deschauer (AA): Ich kann mich an die Ausführungen des Regierungssprechers anschließen, der noch einmal auf grundsätzliche Abwägungsfragen hingewiesen hat, die ja nicht etwas Statisches sind, sondern fortlaufend getroffen werden. Es ist eine fortlaufende Beobachtung des Umfeldes, in dem wir kommunizieren. Entscheidend sind natürlich auch die Debatten, die sich dort abspielen und in welche Kreise wir hinein kommunizieren, wo wir einen Informationsauftrag haben. In dieser Abwägungs- und Gemengelage wird das Auswärtige Amt ‑ das haben Sie richtig beobachtet ‑ nun stärker auch andere Plattformen bespielen, unter anderem, wie Sie es gesehen haben, Bluesky, sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch.

Zusatzfrage: Habe ich das akustisch richtig verstanden: Sie machen das nur für Englisch?

Deschauer (AA): Nein, sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch.

Zusatzfrage: Ich möchte noch eine Frage hinterherschieben ‑ es ist allerdings kompliziert, weil anscheinend jedes Ressort einen anderen Weg wählen kann: Könnten wir eine Übersicht bekommen, wie sich die anderen Ressorts verhalten? Es könnte ja theoretisch sein, dass sich ein Ministerium entschieden hat, X ganz zu verlassen oder ähnliche Wege wie Verteidigung oder Auswärtiges Amt zu wählen.

StS Hebestreit: Das können wir gern zusammenstellen; das übernimmt dann der CvD der Bundesregierung. Soweit ich das überblicke, gibt es, seitdem das Verteidigungsministerium das verkündet hat, hier „for the time being“ keine Änderungen bei den anderen Ressorts. Aber wir checken das noch einmal, und dann geben wir es gern an den Verteiler der Bundespressekonferenz.

Frage: Die meisten meiner Fragen sind schon beantwortet, aber vielleicht noch die Frage an Herrn Müller: Ist es jetzt eine zufällige Koinzidenz, dass Sie das nach dem Gespräch zwischen Frau Weidel und Herrn Musk beschlossen haben, weil Sie das in Ihrer Pressemitteilung ausdrücklich nicht erwähnt haben?

Müller (BMVg): Nein, das ist es nicht. Wir haben die Entwicklungen in den letzten Wochen sehr genau beobachtet. Wir haben uns hier schon ein paar Mal dazu eingelassen, und wer am letzten Freitag genau zugehört hat, hat mitbekommen, dass ich auch da schon deutlich gemacht habe, dass wir mit den Entwicklungen nicht glücklich sind. Das hat keine Verlinkung zu diesen Aktivitäten dort.
Und den Rest haben wir gerade in der Pressemitteilung bereitgestellt. Wir haben noch einmal einen Abschiedstweet gemacht. Darin steht es auch noch einmal rational.

Frage: Herr Müller, es gibt ja bereits einzelne nachgeordnete Behörden im Geschäftsbereich des BMVg, die zum Beispiel auf Bluesky sind, das Ministerium selber nicht. Sie haben angekündigt, Sie wollen auf WhatsApp aktiver werden. Gibt es da eine einheitliche Richtung oder macht das jede TSK, jedes Kommando, so, wie es ihm am besten passt?

Müller (BMVg): Es gibt auf jeden Fall eine Abstimmung, und jeder nachgeordnete Teilbereich ist nicht identisch mit dem anderen. Da gibt es auch rationale Gründe, warum der eine das so und der andere das so entscheidet. Insgesamt erfolgt die Abstimmung durch den Stab Informationsarbeit bei uns im Ministerium. Wir für uns haben entschieden, dass wir weiter ein möglichst breites Spektrum nutzen wollen. Wir haben es auch hereingeschrieben, also von Instagram über WhatsApp, die eigenen Websites, YouTube bis hin zu ‑ ‑ ‑ Was habe ich vergessen?

Zusatz: TikTok.

Müller (BMVg): TikTok für die Nachwuchsgewinnung, genau. Wir wollen das also breit nutzen.
Bei uns im Ministerium, im BMVg, haben wir aktuell Bluesky nicht vor. Wie ich aber vor einer Woche schon gesagt habe: Wir bewerten stetig die Kanäle oder die Plattformen. Plattformen verändern sich ‑ das habe ich am Freitag betont ‑, das ist ein Prozess. Alles Weitere werden wir uns anschauen und werden das nach und nach, auch zusammen mit dem nachgeordneten Bereich, entscheiden.

Frage: Ich habe auch noch eine Wissensfrage, wie eigentlich so eine Entscheidung gefällt wird. Denn es erstaunt ja schon, dass es jetzt jedes Ministerium ein bisschen anders macht. Meine Frage an das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium ist: Spielt da möglicherweise auch eine Rolle, da jetzt ausgerechnet das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium diese Entscheidung getroffen haben, dass sicherheitsrelevante Informationen über X verbreitet werden könnten, die vielleicht die anderen Ministerien oder das Kanzleramt nicht so verbreiten? Spielt das eine Rolle? Denn man fragt sich ja schon, warum sich jetzt gerade diese beiden Ministerien dazu entschieden haben. Oder ist es so, dass Frau Baerbock und Herr Pistorius jetzt einfach X nicht mehr mögen? Was ist also der Grund dafür, dass das so unterschiedlich bewertet wird?

Deschauer (AA): Ich fange vielleicht einmal an.
Ich glaube, es ist Usus, dass wir im Grundsatz ‑ sowohl hier als auch auf den Plattformen, die wir bedienen ‑ keine eingestuften Inhalte veröffentlichen. Insofern ist das sicher kein Grund.
Vielleicht muss ich dazu noch sagen, dass das Auswärtige Amt jetzt, wie gesagt, die Kanäle stärker bespielt. Das sind existierende Kanäle. Wir waren bereits vorher auf Bluesky, die Außenministerin auch. Das heißt, in unserem Fall haben wir X nicht verlassen, sondern wir nehmen, wie bereits erläutert, in einem fortwährenden Prozess eine Analyse des Kommunikationsumfeldes ‑ der Debatten, auch der Informationen, der Desinformationskultur, die teilweise auf einzelnen Plattformen herrscht ‑ vor. Und in dieser Gemengelage haben wir dann die Entscheidung getroffen, dass wir jetzt stärker weitere Kanäle bespielen.

Müller (BMVg): Für unseren Bereich: Wir haben einen eigenen Teilbereich im Ministerium, der sich mit Kommunikation befasst, der Stab Informationsarbeit. Dort sitzen auch die Profis, die sich mit der Kommunikation beschäftigen, in allen Kanälen, über alle Plattformen. Hier erfolgt kontinuierlich die Bewertung. Das habe ich Ihnen dargestellt: Damit waren wir nicht allzu glücklich, wie das gelaufen ist. Der Austausch von Argumenten, der Diskurs, wurde zunehmend erschwert. Die Bewertung wurde mit dem Leitungsbereich des Ministeriums besprochen, und dort gab es eine breite Zustimmung für die Empfehlung, diese Kanäle ruhen zu lassen.
Und Sie sehen es: Der Account des Generalinspektors der Bundeswehr ist ja auch seit heute ruhend. Das heißt, alle in diesem Bereich und der nachgeordnete Bereich haben hier an einem Strang gezogen.

Frage: Herr Hebestreit, Sie verfolgen ja auch, was Elon Musk so über den Kanzler twittert, am 12. Januar gerade wieder: Sagt Nein zu Scholz. ‑ Das wurde dann irgendwie mit Massenvergewaltigungen und irgendwelchen juristischen Sachen in Verbindung gebracht.
Können Sie uns einmal schildern, wie Sie das händeln? Lassen Sie das einfach geschehen? Melden Sie das an irgendwen? Wird das zur Anzeige gebracht? Das ist ja nicht nur Desinformation, das ist ja noch mehr.

StS Hebestreit: Nein. Ich glaube, zur Anzeige haben wir da überhaupt nichts gebracht. Wir melden das auch nicht, wir beobachten das. Ansonsten ist man als Person, die in der Öffentlichkeit steht, immer wieder auch weniger freundlichen Zuschreibungen ausgesetzt. Damit muss man umgehen. Solange es nicht etwas ist, was wir entweder als kriminell oder als schwer straffällig betrachten, nehmen wir es zur Kenntnis oder wir ignorieren es.

… und noch ein Nachtrag: Lustig, wie das Konsensprinzip jetzt auch bei den Streitkräften Einzug hält. Hätte ich so nicht erwartet.