Bundeswehr soll bei Gefahr Drohnen in Amtshilfe abschießen dürfen

Die Bundeswehr soll künftig auch in Friedenszeiten Drohnen über Deutschland abschießen können, wenn von ihnen eine besondere Gefahr ausgeht. Einen entsprechenden Vorschlag für eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes hat das Bundeskabinett am (heutigen) Mittwoch auf den Weg gebracht. Ob die Neufassung noch vor der Neuwahl des Parlaments verabschiedet wird, ist offen. Bislang dürfen die Streitkräfte zwar unbemannte Luftfahrzeuge über ihren eigenen Liegenschaften bekämpfen. Überall sonst ist das aber Aufgabe der Polizei, und der Abschuss von Luftfahrzeugen, manche mögen sich erinnern, ist

Jan 26, 2025 - 14:41
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Bundeswehr soll bei Gefahr Drohnen in Amtshilfe abschießen dürfen

Die Bundeswehr soll künftig auch in Friedenszeiten Drohnen über Deutschland abschießen können, wenn von ihnen eine besondere Gefahr ausgeht. Einen entsprechenden Vorschlag für eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes hat das Bundeskabinett am (heutigen) Mittwoch auf den Weg gebracht. Ob die Neufassung noch vor der Neuwahl des Parlaments verabschiedet wird, ist offen.

Bislang dürfen die Streitkräfte zwar unbemannte Luftfahrzeuge über ihren eigenen Liegenschaften bekämpfen. Überall sonst ist das aber Aufgabe der Polizei, und der Abschuss von Luftfahrzeugen, manche mögen sich erinnern, ist nach heftiger Debatte und Verfassungsgerichtsurteil aus guten Gründen sehr begrenzt – zumal die gesetzlichen Regelungen bisher nur auf bemannte, und das bedeutet auch: zivile – Flugzeuge mit Passagieren abzielten.

Die Neuregelung soll die Möglichkeiten der Amtshilfe der Bundeswehr ausweiten, für die Fälle, in denen die Polizei Drohnen zwar bekämpfen dürfte, aber mangels Technik nicht kann. Die Streitkräfte wiederum, so versicherte ein Ministeriumssprecher nach der Kabinettsentscheidung, hätten durchaus das Gerät, Drohnen vom Himmel zu holen. Ob und was der Bundeswehr da im Spektrum zwischen (!) schwerem Maschinengewehr einerseits und Lenkflugkörper andererseits überhaupt zur Verfügung steht, wollte er aus Gründen der militärischen Sicherheit nicht sagen.

Zu dem Gesetzesvorschlag gibt es eine Mitteilung des zuständigen Bundesinnenministeriums; zudem war es ausführlich Thema in der Bundespressekonferenz, wo sich neben BMI-Sprecher Maximilian Kall auch für das Verteidigungsministerium Oberst Mitko Müller äußerten. Zum Nachhören:

20250115 BPK Luftsicherheitsgesetz Drohnen     

 

Nachtrag: Das Transkript der Aussagen in der Bundespressekonferenz:

Frage: Die Frage zum Luftsicherheitsgesetz, wie es heute im Kabinett war, geht vor allem an das BMI. Dazu haben Sie auch eine Pressemitteilung veröffentlicht. Wenn ich das richtig verstehe, soll die Bundeswehr zur Amtshilfe und zum Abschuss von Drohnen zur Abwendung eines besonders schweren Unglücksfalls ermächtigt werden. Vielleicht können Sie noch erläutern, was Sie darunter verstehen. Ist das simple Ausspähen durch unbemannte Luftfahrzeuge nach Ihrer Definition ebenfalls dieser besonders schwere Unglücksfall?
Die Frage an Herrn Müller: Mit welchen kinetischen Wirkmitteln werden Sie dieses Gesetz umsetzen?

Kall (BMI): Dann fange ich einmal an. – Es ist richtig, dass das Bundeskabinett heute eine Befugnis im Luftsicherheitsgesetz bzw. einen Gesetzentwurf beschlossen hat, um die Befugnis im Luftsicherheitsgesetz zu schaffen, und zwar als Ultima Ratio, dass die Luftwaffe, die Bundeswehr, auf Anforderungen der Polizeibehörden, die natürlich zunächst für die Gefahrenabwehr zuständig sind, auch mit Waffengewalt gegen Drohnen vorgehen kann, wenn von denen besonders schwerwiegende Gefahren ausgehen. Das bedeutet, dass das Leben von Menschen bedroht wird oder eben auch kritische Anlagen bedroht werden, also beispielsweise kritische Infrastruktur. Wir wissen, dass Drohnen vor allen Dingen zur Spionage dienen, aber auch für mögliche Sabotageakte genutzt werden. Natürlich können dabei auch Menschenleben gefährdet werden. Eine besondere Gefährdung muss bestehen, damit Drohnen als letztes Mittel eben nicht nur detektiert, sondern auch abgeschossen werden können. Diese Befugnis greift auch nur dann, wenn die Polizeibehörden dazu selbst technisch nicht in der Lage sind und das, wie gesagt, anfordern.
Gegen übliche Drohnen haben die Polizeibehörden in Deutschland ‑ sowohl die Landespolizeien als auch die Bundespolizei ‑ in ihrem Zuständigkeitsbereich ihre Fähigkeiten erheblich verstärkt, können solche Drohnen detektieren, können sie auch abwehren und vor allen Dingen durch Störsignale zur Landung zwingen. Etwa während der Europameisterschaft sind Drohnen detektiert und abgewehrt worden, auch sehr erfolgreich. Aber was wir jetzt sehen, auch im Zuge der russischen Aggression, im Zuge der massiv veränderten Sicherheitslage in den letzten zwei Jahren, sind eben vermehrt auch Drohnenüberflüge über Militäranlagen und über kritische Infrastrukturen mit Drohnen, die allein mit polizeilichen Mitteln nicht zu bekämpfen sind. Solche Fälle haben wir im Blick.
Wie gesagt, die Gefahren müssen besonders schwerwiegend sein, es müssen Menschenleben oder eben kritische Infrastrukturen konkret in Gefahr sein, und die Polizei muss diese Unterstützung anfordern. Dann greift diese Befugnis, vorausgesetzt natürlich ‑ das ist jetzt ein Regelungsentwurf, den das Kabinett beschlossen hat ‑, der Deutsche Bundestag beschließt diese Befugnis auch so.

Müller (BMVg): Schon aus Gründen der militärischen Sicherheit und der Operationssicherheit würde ich hier nicht darlegen, für was wir welche Mittel einsetzen, was wirklich die Nutzung von Fähigkeiten und Mitteln der Bundeswehr angeht. Das machen wir in keinem Themenfeld.
Wir haben ‑ das bringen Streitkräfte so mit sich ‑ Mittel, Waffen, um diese Aufgaben zu erfüllen. Wichtig ist hier, und das gilt für alle Anteile des § 14 des Luftsicherheitsgesetzes, dass immer der Einzelfall komplett bewertet werden muss, also Chancen und Risiken und die Frage, welche Rahmenbedingungen direkt vorliegen. Danach kann man entsprechend das Mittel auswählen. Mehr gibt es im Grunde von uns dazu nicht mitzuteilen.

Kall (BMI): Vielleicht noch eine kleine Ergänzung: Durch den Einsatz von Waffen, um Drohnen abzuschießen, dürfen auch keinesfalls Menschenleben am Boden gefährdet werden. Das heißt, so etwas darf auch nicht in Gebieten erfolgen, in denen dann möglicherweise Menschenleben durch herunterfallende Trümmerteile oder Ähnliches betroffen wären. Da wäre ein Einsatz ausgeschlossen.

Frage: Ist denn das reine Ausspähen schon eine Gefährdung, die die von Ihnen genannten Kriterien erfüllt? Können erkennbare Spionagedrohnen im weitesten Sinne also auf diese Art bekämpft werden? Fassen Sie das also unter diese Gefährdung von Menschenleben?
Herr Müller, verstehe ich Sie richtig, dass Sie alle nötigen Dinge haben? Heißt das, Rohrwaffen unterhalb von Lenkflugkörpern zur kinetischen Abwehr von Drohnen braucht die Bundeswehr gar nicht mehr, weil sie nach Ihren Worten schon genügend ausgerüstet ist?

Kall (BMI): Ich habe ja von Spionage, Sabotage und Sabotageakten, durch die eben auch Menschenleben gefährdet werden können, gesprochen. Insofern sehen Sie, dass die Schwelle natürlich hoch ist. Ich habe auch von Ultima Ratio gesprochen, also dem letzten Mittel. Natürlich gibt es auch erst einmal Versuche, zu detektieren, Funksignale zu stören, möglicherweise abzudrängen, Routen durch technische Mittel zu verändern. Das ist jedenfalls das, was bei einfacheren Drohnen die Polizei mit ihren technischen Mitteln versucht. Insofern muss man sicherlich die ganze Kaskade von Eingriffsmöglichkeiten sehen, und das ist dann das letzte Mittel.

Müller (BMVg): Ich verstehe Ihre Frage nicht ganz, aber, glaube ich, in Teilen. Ich sehe nicht, dass die Erweiterung der Befugnisse nach § 14 des Luftsicherheitsgesetzes ein Beschaffungsnarrativ für die Bundeswehr hergibt.

Frage: Herr Müller, könnten Sie uns ergänzend noch einmal schildern, was nach derzeit geltender Rechtslage die Bundeswehr in der Lage ist, gegen Drohnen zu tun, die über Militärgelände auftauchen und die Sie da nicht haben wollen?

Müller (BMVg): Das kann ich tun, auch, weil das oft vermischt wird. Ich habe auch gestern die Frage erhalten, ob denn diese jetzigen Änderungen für die Militärliegenschaften gelten. Über und in unmittelbarer Nähe von militärischen Liegenschaften haben wir bereits jetzt Möglichkeiten, eine Gefährdung abzuwehren. Es gibt ein Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie ziviler Wachpersonen. Das ist ein bisschen länger, ein schwieriger Begriff, tut mir leid, aber das regelt im Grunde, dass wir zum Schutz der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte und zur Gewährleistung von Sicherheit Maßnahmen ergreifen können ‑ am Boden, aber auch im Luftraum ‑, um eben diesen Schutz sicherzustellen.

Zusatzfrage: Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen das bei Drohnen in der jüngsten Vergangenheit schon passiert ist?

Müller (BMVg): Wir ordnen diese Vorfälle unter die sicherheitsrelevanten Vorkommnisse ein, und darüber können wir aus Gründen der militärischen Sicherheit keine Auskunft geben.
Was ich aber sagen kann: Die Bundeswehr hat Mittel im gesamten Spektrum, um Drohnen, um Luftfahrzeuge abwehren zu können. Wir haben ungefähr 1000 Liegenschaften ‑ insgesamt ein bisschen mehr ‑ mit zehntausenden Zaunkilometern. Sie können sich vorstellen, dass wir natürlich in der Fläche nicht überall alle Mittel zur Verfügung haben. Das ist einfach naturgegeben. Dort, wo wir besonderen Schutzbedarf sehen, werden diese Mittel eingesetzt.

Kall (BMI): Sie haben ja das Gesetz über einen unmittelbaren Zwang und die spezifischen Regelungen für militärische Liegenschaften genannt. Was nach dem Luftsicherheitsgesetz bisher schon rechtlich möglich ist, ist, Luftfahrzeuge abzudrängen, zur Landung zu zwingen, den Einsatz von Waffengewalt anzudrohen oder Warnschüsse abzugeben, aber eben noch nicht, diese durch die Streitkräfte auch abzuschießen. So ist die bisherige Rechtslage im Luftsicherheitsgesetz.

Frage: Herr Kall, eine Frage eines Laien: Wenn jetzt eine zivile Infrastruktur durch eine Drohne bedroht wird, also ein Polizist eine Drohne kommen sieht, was macht er dann? Dann ruft er die Bundeswehr an, die Bundeswehr unternimmt eine Analyse der Lage und kommt dann zu dem Entschluss: Ja, wir müssen da eingreifen. – Wie soll das also alles praktisch ablaufen?

Kall (BMI): Ich glaube, wir können uns hier nicht zu allen Details von Luftraumüberwachung und Ähnlichem äußern. Dafür sind auch andere zuständig. Die Polizei hat natürlich auch gerade aufgrund der Gefährdungslagen kritische Infrastrukturen besonders im Blick. Diese werden überwacht, und die Polizei versucht, wenn auffällige Drohnen erkannt werden, diese zu detektieren und mit ihren Mitteln zu bekämpfen, wie gesagt, in der Regel durch Störungen der Funksignale, um diese zur Landung zu zwingen. Hier geht es eben um Fälle von Drohnen, bei denen das nicht möglich ist und dann die Luftwaffe, die Bundeswehr, zur Unterstützung angefordert wird.

Zusatzfrage: Aber darf denn die Bundeswehr ohne einem Regierungsbeschluss im Inneren aktiv werden?

Kall (BMI): Hierbei geht es um Amtshilfe für die Polizei, also Gefahrenabwehr, und insofern ist das zulässig. Es bedarf aber, damit eben auch Waffen eingesetzt werden können, der Gesetzesänderung, die wir heute vorgeschlagen haben.

Frage: Herr Kall, wenn ich das alles richtig verstehe, dann ist das ja ein relativ enger Rahmen. Amtshilfe beim Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist ja ein rechtlich sehr eng begrenzter Raum. Mögen Sie mir ein bisschen helfen? Wie verläuft denn da der Kommunikationsweg? Das heißt, wer entscheidet das dann letztlich? Ich habe Sie so verstanden, dass das eine Entscheidung in extremis ist, also wenn es nicht anders geht. Wer entscheidet das? Es wird ja wohl schwerlich eine untere Polizeibehörde sein, oder?

Kall (BMI): Solange es sich sozusagen auf der Ebene der Gefahrenabwehr auf der polizeilichen Ebene bewegt, sind das die jeweiligen Führungsstäbe der Polizei, die jeweiligen Polizeiführer. Sie können sich auch in den Ländern, die ja sozusagen in der Fläche für die Gefahrenabwehr zuständig sind, noch einmal genauer nach den Strukturen erkundigen.
Wenn die Amtshilfe der Bundeswehr angefordert wird, dann wird das, denke ich, in den dortigen Strukturen entschieden. Dazu kann Herr Müller vielleicht etwas ergänzen.

Müller (BMVg): Es gibt ja Austauschformate, die aktuell schon bestehen, zum Beispiel das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum. Das hat jetzt aktuell natürlich einen anderen Fokus, aber da gibt es auch eine Webseite, auf die Sie gerne einmal schauen können. Da werden natürlich schon Lageinformationen ressortübergreifend zusammengeführt, ausgewertet und weitergegeben.
Die genaue Ausgestaltung, also die Umsetzung der Verfahrensfragen für diesen Fall, wird sicherlich der weitere Prozess mit sich bringen. Es gab jetzt die Kabinettsbefassung. Aber dazu, wie das dann genau umgesetzt wird und wer dann wen anruft, kann ich nur sagen: Wir hatten ja in der Vergangenheit auch Fälle von unbemannten Luftfahrzeugen, in denen Amtshilfe der Bundeswehr geleistet wurde, zum Beispiel durch das Bereitstellen von Radardaten, von Lagedaten, Rohdaten. Da gab es ja auch schon Kommunikationswege, die funktioniert haben. Da gab es ja auch schon ressortübergreifende Zusammenarbeit, die funktioniert hat. Ich sehe diese Problematik hier aktuell nicht.

Zusatzfrage: Herr Müller, die Zurverfügungstellung von Überwachungsdaten ist das eine, der wirklich aktive Abschuss oder das technische Unfähigmachen ‑ ich weiß nicht, wie man das richtig formuliert ‑ ist ja das andere. Wir wissen ja, dass die Amtshilfe der Bundeswehr im Moment in den meisten Fällen in Anspruch genommen wird, wenn es Tage dauert. Wir sprechen ja dabei von Katastrophen etc. pp., und wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass es eine relativ kurzfristige Entscheidung geben muss. Das Ding ist ja in der Luft, und dann kann man wahrscheinlich nicht sehr lang darüber debattieren. Mich wundert, dass kein größerer Wert darauf gelegt wurde ‑ zumindest erscheint mir das so ‑, die genauen Kommunikations- oder Entscheidungswege zu klären. Oder ist das jetzt nur mein Eindruck, das steht eigentlich alles im Gesetz drin, und ich habe es überlesen?

Müller (BMVg): Aktuell geht es ja hierbei ‑ Herr Kall kann das gerne ergänzen ‑ um eine Änderung in § 14. Ich habe gesagt: Die Verfahrensfragen und die Umsetzungsfragen werden sicherlich im Nachgang weiter ausdifferenziert.
Ich möchte jetzt gar nicht auf Mittel und Fähigkeiten eingehen, aber natürlich haben wir in Deutschland auch Fähigkeiten, die in der 15-Minuten-Bereitschaft für den Luftraum bereitstehen, und dies auch unabhängig davon, ob sie jemals für diesen Zweck zum Einsatz kommen sollten, weil vielleicht andere Mittel zur Verfügung stehen würden. Ich möchte das gleich hinzufügen, ohne zu spekulieren. Aber dass wir reaktionsfähig sind und im Falle des Falles auch schnell vor Ort sein können, haben wir schon mehrfach bewiesen, und dabei will ich es belassen.

Kall (BMI): Ich will auch für die Sicherheitsbehörden noch einmal betonen, dass natürlich feste Strukturen, was Kommunikation und Entscheidungen angeht ‑ feste Stabsstrukturen und Ähnliches ‑, bestehen und es insofern, glaube ich, dabei nicht um den Aufbau neuer Strukturen geht und dass sich auch gerade die Sicherheitsbehörden des Bundes in den letzten zwei, drei Jahren sehr auf die aktuellen Gefährdungslagen und Herausforderungen vorbereitet haben und da sozusagen aufgerüstet haben.

Frage: Ich habe noch eine Lernfrage, weil ich ein bisschen verwirrt bin, Herr Müller. Der Kollege hatte ja vorhin gefragt, was denn aktuell der Status quo ist, wenn eine Drohne über Liegenschaften der Bundeswehr fliegt. Habe ich es richtig verstanden, dass die Bundeswehr schon jetzt eine Drohne über Militäranlagen abschießen darf? Herr Kall hat nämlich gerade noch einmal betont, dass die Bundeswehr Luftfahrzeuge bislang lediglich abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben kann.

Müller (BMVg): Das gilt ja nicht für die Liegenschaften der Bundeswehr. Ich habe ja gesagt: Es gibt eine besondere einfachgesetzliche Regelung, das UZwG, das ich vorhin lange ausformuliert habe. Das gibt vor, dass man zur Gefahrenabwehr über Bundeswehrliegenschaften Gefahren abwehren darf. Dazu gehört auch, dass man bei Bedarf mit kinetischen oder elektronischen Mitteln so eine Drohne herunterholen kann.

Kall (BMI): Ich habe über ein anderes Gesetz gesprochen ‑ sorry, dass ich da unterbreche ‑, nämlich das Luftsicherheitsgesetz, das ja durch den heutigen Vorschlag geändert werden soll. Das umfasst allgemeine Regelungen. Insofern gibt es hier keinen Widerspruch.

Zusatzfrage: Heißt das, Drohnen über Bundeswehrliegenschaften können schon abgeschossen werden?

Müller (BMVg): Bei entsprechender Gefährdung, wenn man keine anderen Möglichkeiten hat und die Risiken und den Einzelfall sauber bewertet hat, ja.

Frage: Ich würde gerne einfach noch einmal präziser nachfragen, Herr Kall, was die Frage nach der Reaktionszeit angeht. Sehe ich es richtig, dass die angestrebte Reaktionszeit jetzt im Gesetzentwurf nicht fixiert ist, oder strebt man da eine bestimmte Anzahl von Stunden an? Die Problematik ist ja eben gerade angesprochen worden, dass für einen Einsatz der Bundeswehrhilfe eigentlich auch noch einmal eine Abstimmung zwischen Sicherheitsbehörden, Polizei und Verteidigungsministerium nötig ist. Gibt es also irgendwie eine Zeit, die man da als Zielzeit angeben kann?

Kall (BMI): Die notwendige Schnelligkeit, um die Gefahr abzuwehren, kann man nicht abstrakt im Gesetz regeln, indem man irgendwelche Minutenangaben ins Gesetz schreibt ‑ das kenne ich auch nicht aus anderen Sicherheitsgesetzen ‑, sondern es geht immer darum, die effektiven und wirksamen Mittel zur Gefahrenabwehr zu schaffen.

Zusatzfrage: Darf ich noch eine Frage an Herrn Hebestreit hinterherschieben? – Jetzt hat das Kabinett das gebilligt. Es wurde ja darauf hingewiesen, dass der Bundestag noch zustimmen müsste. Gibt es denn jetzt Gespräche mit der Union, damit das vor der Wahl passiert, oder muss man dann danach einen Gesetzentwurf oder ein Gesetzesverfahren neu auflegen?

StS Hebestreit: Erst einmal ist es so, dass es jetzt dem Deutschen Bundestag zugeleitet wird, und dann obliegt es den Fraktionen im Deutschen Bundestag, dieses Gesetz dann auch noch zu beschließen. Dafür wirbt die Bundesregierung natürlich sehr. Ich glaube, das, was da geregelt wird, ist auch unstrittig. Das ist etwas, das jetzt auf eine neuere Entwicklung reagiert und da der Bundeswehr eine Kompetenz im Zuge der Amtshilfe zuweist, die es vorher nicht gegeben hat, die aber aus Sicht der Regierung nötig ist. Dann muss sich das ergeben. Ich halte es für durchaus möglich, dass man dazu eine Einigung findet, aber das obliegt jetzt ‑ wir sind ja eine Minderheitsregierung ‑ den Mehrheiten im Deutschen Bundestag.

Frage: Herr Kall, gibt es eine Übersicht, eine Liste, über wie viel solcher Vorfälle wir eigentlich überhaupt reden? Gibt es da eine Meldepflicht, oder ist das alles mit einer enormen Dunkelziffer behaftet?
Dann habe ich eine Frage sowohl an Herrn Müller als auch an Herrn Kall: Wenn Sie jetzt sagen, es müsse noch geregelt werden, wie das ausgestaltet wird, ist denn dann geplant, Artikel 13 zu verändern? Darin ist doch alles geregelt. Deswegen verstehe ich nicht, warum hier an der Stelle ein bisschen Ratlosigkeit zu herrschen scheint.

Kall (BMI): Wir regeln diese Befugnis, und dann kann diese Befugnis auch angewandt werden. Dafür bedarf es aus unserer Sicht keiner weiteren Gesetzesänderungen, sondern der Änderung, die hier vorgeschlagen worden ist.
Jetzt helfen Sie mir noch einmal mit der ersten Frage.

Zusatzfrage: Haben Sie eine Übersicht?

Kall (BMI): Ach so, Entschuldigung. – Das hängt immer davon ab, ob die Sicherheitsbehörden detektieren können und eindeutig detektieren können, um welche Art von Flugobjekt bzw. Drohne es sich gehandelt hat. Natürlich haben dann die Sicherheitsbehörden Erkenntnisse darüber, aber keine, die wir öffentlich mitteilen.

Zusatzfrage: Sie können also nicht „eher 10“ oder „eher 100“ sagen?

Kall (BMI): Vorsicht bei den Zahlen ‑ dafür habe ich ja gerade geworben ‑, weil das natürlich abhängig davon ist, wie eindeutig eine Detektion stattfinden kann. Die Erkenntnisse, die vorliegen ‑ ich habe ja von einer steigenden Zahl von Vorfällen gesprochen ‑, sind Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden, die wir nicht öffentlich mitteilen können.

Müller (BMVg): Ich habe gar nicht mitbekommen, dass wir hier über Unzulänglichkeiten oder nicht bestehende Verfahren gesprochen haben. Ich habe gesagt, dass die Details dann ausgestaltet werden müssen. Die Amtshilfeanträge gehen ja zum Beispiel aktuell über die Landeskommandos. Ob dort zum Beispiel ein weiterer direkter Draht zu anderen Einsatzzentralen oder Führungszentralen der Luftwaffe geschaffen werden muss, das ist quasi eine Frage, die im Detail im Nachgang ausgestaltet werden muss.
Darüber hinaus habe ich nicht verstanden, warum es dort ihrerseits noch gesetzlich Nachsteuerungsbedarf geben sollte.

Zusatzfrage: Ich mache es ganz kurz. In Artikel 13.2 steht: Die Entscheidung trifft auf Anforderung des betroffenen Landes der Bundesminister der Verteidigung. ‑ Es ist doch geregelt. Was muss denn da geregelt werden?

Müller (BMVg): Es ist gesetzlich geregelt. Aber wie die Wege im Detail aussehen, wer wen über welche Wege informiert und kommuniziert ‑ ‑ ‑
Ich habe gesagt, bei der Amtshilfe geht man über die Landeskommandos. Da sind die Ansprechstellen für die Länder, für die Sicherheitsbehörden der Länder. Inwieweit wir dort aus Zeitgründen andere Wege wählen, das sind Fragen, die man sich dann in der kompletten Ausgestaltung stellen muss. Aber rein gesetzlich ‑ da gebe ich Herrn Kall vollkommen recht ‑ gibt es aus hiesiger Sicht keinen weiteren Änderungsbedarf.

Frage: Herr Kall, noch einmal zu dieser Detektei. Sie und Frau Faeser weisen immer wieder auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hin. Gibt es denn Hinweise irgendwelcher Art, dass es sich dabei um eine russische Drohne handelt? Und gibt es Hinweise, dass so eine Drohne außerhalb Deutschlands gestartet wurde?

Kall (BMI): Dazu kann ich mich nur allgemein äußern. Ansonsten gilt mein Hinweis, dass wir uns zu konkreten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hier natürlich nicht umfassend äußern können und dürfen.
Insgesamt ist es bei hybriden Bedrohungen so, dass wir vor allen Dingen die russische Aggression sehen, die russischen hybriden Bedrohungen durch Spionage, auch durch Sabotage. Ich will daran erinnern, dass es einen Versuch gab, Sprengstoffanschläge auf deutsche Militärlieferungen für die Ukraine zu begehen. Es ist den Sicherheitsbehörden gelungen, so etwas zu vereiteln. Wir sehen in dem Bereich also vor allen Dingen die Gefahren von Spionage und Sabotage. Und, wie gesagt, darüber hinaus können wir uns zu einzelnen Ereignissen nicht äußern.

Zusatzfrage: Und wie ist es mit der Reichweite der Drohnen? Ist bekannt, ob sie außerhalb Deutschlands gestartet wurden?

Kall (BMI): Wie gesagt, zu Einzelheiten, auch zu technischen Einzelheiten, zu denen den Sicherheitsbehörden Erkenntnisse vorliegen, können wir uns hier nicht äußern.

(Symbolbild: Automatische Helikopterdrohne für die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln – Dkvtig, Steillagenweinberg Zeimetskarcht-Spritzdrohne (2), CC BY-SA 4.0)