Leverkusen braucht 120 Minuten für Derby-Sieg – MX

Derby im Rheinland, Derby im Pokal. Hört sich nach Spektakel an – und war es auch. Leverkusen dominierte, Köln konterte. Eine Analyse. Xabi Alonso tauschte vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den Lokalrivalen aus Köln wie gewohnt im Tor: Statt Hrádecký stand Kovář zwischen den Pfosten. Davor agierten in der gewohnten 3-4-2-1-Grundformation Tapsoba, Tah und Mukiele. Auf […]

Feb 7, 2025 - 23:45
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Leverkusen braucht 120 Minuten für Derby-Sieg – MX

Derby im Rheinland, Derby im Pokal. Hört sich nach Spektakel an – und war es auch. Leverkusen dominierte, Köln konterte. Eine Analyse.

Xabi Alonso tauschte vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den Lokalrivalen aus Köln wie gewohnt im Tor: Statt Hrádecký stand Kovář zwischen den Pfosten. Davor agierten in der gewohnten 3-4-2-1-Grundformation Tapsoba, Tah und Mukiele. Auf den Flügeln spielten Grimaldo und Frimpong, dazwischen bildeten Palacios und Xhaka die Doppelsechs. Als Halbraumzehner liefen Wirtz und Neuzugang Buendía auf, während Schick die zentrale Sturmposition bekleidete.

Der Zweitligist und klare Underdog agierte hingegen aus einem 3-4-1-2, in dem Maina und Downs die erste Pressinglinie bildeten, während Ljubičić dahinter als Zehner agierte. Huseinbašić und Martel besetzten die Achterpositionen, während Thielmann und Finkgräfe die Flügel beackerten. Die Dreierkette bestand aus Hübers, Neuzugang Schmid und Heintz, im Tor stand wie gewohnt Schwäbe.

Spoiler: Die Partie wurde zu Beginn für rund 11 Minuten unterbrochen – ausgelöst durch die fanatische Unterstützung der Gäste aus der Domstadt.

Die Grundformationen

Köln sucht Stabilität aus 5-3-2

Struber ließ seine Mannschaft gegen die hohen Aufbauphasen von Bayer 04 Leverkusen in einem extrem kompakten 5-3-2-Mittelfeldpressing agieren. Der Doppelsturm Downs und Maina positionierte sich dabei zunächst sehr eng und fokussierte sich primär auf die Isolation von Sechser Granit Xhaka, bevor sie den ballführenden Verteidiger anliefen. Dieses Anlaufen aus der Sechser-Fokussierung heraus führte jedoch dazu, dass der Pressingweg auf den zentralen Innenverteidiger Tah und häufig auch auf den linken Halbverteidiger Tapsoba sehr weit wurde, sodass diese die erste Pressinglinie teils einfach überdribbeln konnten.

Nach einem Abspiel der Innenverteidiger erfolgte meist die Übergabe Xhakas in die zweite Pressinglinie, wo Martel ihn anfangs markierte. Diese Übergabe war allerdings flexibel organisiert: Je tiefer Xhaka stand, desto wahrscheinlicher war es, dass der ballnahe Stürmer ihn in der rückwärtsgerichteten Ballorientierung übernahm, während Martel am Beginn eher raumfokussiert agierte. Gerade in der Anfangsphase funktionierte diese Abstimmung zwischen Martel und den Stürmern außerordentlich gut, sodass Xhaka weitgehend isoliert blieb und kaum Freiräume innerhalb dieses Rahmens der Übergabe fand.

Die Außenspieler Ljubicic und Huseinbasic schoben immer wieder in den Halbraum, sobald der Ball von der Dreierkette dorthin gespielt wurde. Auffällig war dabei die vergleichsweise geringe Intensität ihres Anlaufverhaltens. Dies könnte einerseits mit der Belastungssteuerung während des Spiels zusammenhängen, andererseits aber auch mit einer bewussten Nutzung des Deckungsschattens. Durch die eingerückte Grundposition entstand beim Herausschieben in den Halbraum ein diagonaler Pressingwinkel, wodurch nicht der Pass ins Zentrum, sondern vielmehr der Pass in die Breite forciert wurde.

Ein systematisches Problem im 5-3-2 liegt oft in einem großen Zwischenlinienraum. Köln versuchte, dieses Problem zu lösen, indem die Fünferkette – insbesondere die Halbverteidiger Hübers und Heintz – extrem aggressiv und direkt durchverteidigte. Dadurch wollte man verhindern, dass Leverkusen in diesen Räumen ungestört aufdrehen konnte.

Auf den Flügeln verteidigte Köln mit den Wingbacks Finkgräfe und Thielmann besonders ballorientiert verschiebend und aggressiv gegen die extrem breit positionierten Grimaldo und Frimpong. Ziel war es, den Raum und die Zeit in diesen Zonen maximal zu reduzieren – was in der Anfangsphase gut funktionierte.

Mukiele bereitet ballfern vor

An dieser Stelle ließe sich grundsätzlich erstmal diskutieren, welche Aufbaustruktur Bayer 04 Leverkusen im höheren Aufbau tatsächlich wählte. Nominal zeigt sich ein 3-1-Aufbau, doch durch das wiederholte Aufrücken von Mukiele – eigentlich als rechter Halbverteidiger eingeordnet – auf Höhe der zweiten Aufbaulinie wandelte sich das Bild zu einem 2-2-Aufbau.

Besonders interessant war der Zeitpunkt dieses Aufrückens: Mukiele tat dies meist, wenn der Ball auf der gegenüberliegenden Seite zirkulierte. Wie zuvor beschrieben, verschob Köln sowohl mit der zweiten Pressinglinie als auch mit dem Doppelsturm stark ballorientiert. Dadurch blieb die rechte Seite von Köln gegen den Ball nahezu unbesetzt.

Dieses höhere Agieren von Mukiele diente somit als Vorbereitungsaktion. Es wurde insbesondere dadurch begünstigt, dass der Kölner Doppelsturm durch das rückwärtige Anlaufen auf Xhaka häufig nicht den Rückpassweg schließen konnte. Dadurch ergab sich für Leverkusen wiederholt die Möglichkeit, den Ball sicher zurückzuspielen und neu aufzubauen. Die Anpassung durch Mukiele war daher eine logische Konsequenz, um auf diese wiederkehrende Struktur vorbereitet zu sein.

Das Kernproblem dieser Muster lag zunächst darin, dass Mukiele zwar oft antreiben und die erste Pressinglinie überdribbeln konnte, Köln jedoch durch ihr aggressives Herausverteidigen aus der Fünferlinie Vorteile in den Folgebewegungen hatte. Frimpong erhielt den Ball zwar häufig in der vollen Breite, war jedoch darauf angewiesen, dass sich Anspielstationen im Halbraum öffneten, da er das 1v1 nur selten direkt suchte und dafür auch nicht der perfekte Spielertyp ist. Buendia bot diese Option jedoch nicht konstant an, da er im Halbraum nur selten durchschob. Mukiele war hingegen oft als Rückpassstation verfügbar und konnte so zumindest aus dem gegnerischen Druck heraus spielen.

Aufbauspiel von Leverkusen

Nach diesen Verlagerungen fehlte es in der Breite häufig an zentraler Präsenz. Da Schick im Sturm ballnah nicht konsequent genug verschob, war Leverkusen stark auf halbräumige Tiefenbewegungen angewiesen, die jedoch lange ausblieben. Im sehr hohen Aufbau griff man in der Anfangsphase daher häufig auf Halbfeldflanken zurück. Buendia orientierte sich in diesen Szenen früh zentral in die Box, um zusätzliche Präsenz zu schaffen, während Schick immer wieder dynamisch den langen Pfosten anvisierte. Köln verteidigte diese Hereingaben jedoch konsequent.

Mit der Zeit verteidigte auch Außenspieler Huseinbasic ballfern weniger eingeschoben und orientierte sich nach Verlagerungen direkter in die Breite. Dadurch schwand Mukieles Vorteil, und Leverkusen verlor in einigen Situationen den Ball.

Oft war das auch damit verbunden, dass Huseinbasic den Franzosen durch dieses direkte Pressing diagonal anlief. Dieser Pressingwinkel verhinderte in erster Linie ein vertikales Spiel ins Zentrum. Auch in die Breite tat sich Mukiele zunehmend schwer, insbesondere weil es über Frimpong immer wieder Probleme gab. Dadurch wurde die Rolle Xhakas immer präsenter.

Die Bewegungen des Sechsers gewannen zunehmend an Bedeutung, denn der diagonale Pressingwinkel deckte logischerweise keinen Rückpass nach hinten ins Zentrum ab. Genau diesen Raum fokussierte Xhaka durch sein ballnahes Aufrücken. Das hing auch damit zusammen, dass Köln sich vereinzelt in den Übergaben der Stürmer schwertat und den Druck aus dem Rückwärtspressing durch Maina auf Xhaka nicht konstant halten konnte. Der Schweizer konnte mit seiner extrem guten Ballkontrolle zu effektiven Progressionen kommen, besonders Buendia wurde nun in seiner Positionierung häufiger im Wandspiel anspielbar.

Allgemein war es zunächst wohl der Plan im Aufbauspiel, dass Buendia und auf der anderen Seite Wirtz besonders breit agieren, um die Flügelverteidiger der Kölner halbräumig zu binden und so den eigenen Flügelverteidigern Grimaldo und Frimpong mehr Zeit und Raum zu verschaffen. Dieses Muster zeigte sich besonders beim Andribbeln von Tah. Wie bereits beschrieben, war der Pressingweg der Kölner Stürmer aus der anfänglichen Sechser-Orientierung heraus oft zu groß, sodass Tah mehrfach die Linie überdribbeln und direkt in die Breite auf Frimpong spielen konnte.

Der Plan, dadurch Zeit und Raum zu gewinnen, funktionierte jedoch nur bedingt. Finkgräfe und Thielmann verteidigten extrem aggressiv in die Breite heraus, um diesen Vorteil zu minimieren. Auch die initial breiteren Halbraumspieler wurden gut übergeben, da die Halbverteidiger der Kölner ihre Läufe konsequent verfolgten. Dadurch entstanden zwar zentral immer wieder große Lücken in der Fünferkette, doch Leverkusen besetzte diese Räume kaum.

Das lag besonders daran, dass sich Schick im direkteren Aufbauspiel (nicht nach Verlagerungen!) oft weit in den ballnahen Halbraum zog, wodurch das Zentrum unbesetzt blieb. Wirtz suchte nach dem Spiel in die Breite zwar sofort die Tiefe, doch diesen Pass konnte Grimaldo oft schlichtweg nicht spielen, da Thielmann das Pressing so extrem schnell auslöste, dass der Passwinkel in die Tiefe nicht mehr gegeben war.

Wirtz und Buendia rotieren

Nach rund ein paar Minuten aktiver Spielzeit rotierte die Bayer-Elf direkt um, um die zuvor beschriebenen Probleme im Halbraum zu lösen. Buendia und Wirtz rotierten nun häufiger und agierten als Halbraumzehner deutlich enger. Diese Anpassung war grundsätzlich sinnvoll, da sie fortan zunehmend den Raum zwischen der ersten und zweiten Pressinglinie von Köln oder das Zentrum anvisierten, besonders wenn Mukiele den Ball hielt (inklusive nach Verlagerungen).

Xhaka und Wirtz suchen das Zentrum

Dieses neue Muster setzte man einerseits über die Bewegungen von Xhaka um, der gegen das Rückwärtsverteidigen von Maina agierte. Andererseits versuchte man auch, im Zentrum ein 2v1 zu schaffen: Buendia band den Kölner Zentrumsspieler Martel an, wodurch Wirtz – wenn Huseinbasic auf Mukiele herausschob – der freie Spieler im System war. Anfangs schob Heintz noch vereinzelt heraus, doch diesen band nun Schick fortan ballnah.

Wirtz kippte immer wieder ins Zentrum ab, um Mukiele eine Anspielstation gegen den diagonalen Pressingwinkel von Huseinbasic zu bieten. Die Personalwahl von Wirtz war dabei die richtige, denn er zeichnet sich in solchen kleinräumigen Aufdrehszenen durch extreme Stärken aus, auch im Antrieb nach dem Aufdrehen.

Martel löste zwar dann die Orientierung auf Buendia auf und presste häufig auf Wirtz, doch dieser konnte sich dank seiner extremen Dynamik oft im 1v1 durchsetzen, insbesondere weil der Pressingweg von Martel teils zu lang war. Das größere Problem für Wirtz war jedoch, dass es an vertikalen Anschlussoptionen fehlte. Schick war zwar immer wieder anspielbar, doch seine initiale Bindung an Heintz hatte den Nachteil, dass auch er leicht isoliert werden konnte, da seine Stärken nicht im Wandspiel lagen. Frimpong hätte deutlich mehr Tiefenläufe anbieten können, um auch in hohen Positionen anspielbar zu sein, doch dies war am Mittwochabend zu wenig zu sehen.

Bewegungsspielchen bearbeiten Pressinglinien

Auf der anderen Seite sah man ähnliche Bewegungen, jedoch etwas weniger aus dem Abkippen der höheren Position, was Buendia, wie bereits erwähnt, eher weniger liegt. Stattdessen wurde zunehmend ein sehr tief positionierter Palacios als zweiter Sechser neben Xhaka eingebunden.

Der Grund dafür war in erster Linie die Bewegungsweise des Kölner Doppelsturms aus Downs und Maina. Dieser agierte zunächst ballorientiert-übergebend: Der ballferne Stürmer markierte Xhaka oder rückte, falls Xhaka tiefer agierte, auf Zentrumsspieler Martel mannorientiert auf.

Leverkusen versuchte nun, diese Systematik zu unterbrechen, indem man Palacios als zweiten Sechser tiefer positionierte. Dadurch konnte die Übergabe vom ballfernen Stürmer auf Xhaka nicht mehr konsequent erfolgen, da beide Stürmer durch die doppelte Besetzung des Sechserraums in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurden.

Xhaka und Palacios binden die Stürmer

Das Resultat dieser Bewegung war ein 2v2 in der ersten Pressinglinie von Köln gegen die Sechser von Leverkusen, was die Pressinghöhe der Kölner insgesamt verringerte. Eine naheliegende Lösung, dass Martel einfach herausrückte und einen der Sechser losmarkierte, war jedoch nicht möglich. Dies lag daran, dass Leverkusen immer wieder einen ballfernen Halbraumspieler einrücken ließ, was Martel band und ihn daran hinderte, die Übergaben in den Sechserraum zu vollziehen.

Dies führte dazu, dass Downs und Maina beim Anlaufen des 2v2 immer wieder versuchten, den Deckungsschatten im Sechserraum aufrechtzuerhalten, was die Intensität des Kölner Pressings deutlich verringerte. Dadurch konnte Leverkusen – wenn Köln das Pressing auf Tapsoba oder Tah auslöste – regelmäßig einen der Sechser anspielen, was das Spiel stabilisierte und den Ball in die richtige Richtung lenkte. Besonders Palacios fühlte sich in diesen kleinen Räumen im Sechserraum sichtlich wohl und konnte mehrmals in die Tiefe antreiben.

Das Einrücken des ballfernen Halbraumzehners, das zunächst isolierend auf Martel wirkte, erwies sich in dieser Phase auch folgend als vorteilhaft. Durch diese Bewegung war für die Sechser dauerhaft eine vertikale Option in Form eines diagonalen Passes verfügbar, was eine klare Progression ermöglichte und auch vereinzelt zu (Halb-)Chancen führte.

Teils konnte Leverkusen über das passive Pressing der Kölner in der ersten Pressinglinie direkt den Weg in die Halbräume zu Wirtz oder Buendia finden. Das lag vor allem daran, dass Huseinbasic und auch Ljubičić beim Ballspiel von Tah oder Tapsoba zu früh in die Breite auf Mukiele bzw. Grimaldo schoben, obwohl der Ball noch nicht zu ihnen gespielt war. Das hatte den Vorteil, dass der Druck auf die Breite erhöht wurde, aber gleichzeitig auch die Zwischenräume der zweiten Pressinglinie aufgingen.

Leverkusen versuchte, diese Räume mit tieferen Halbraumzehnern zu besetzen, was teils gut funktionierte. Allerdings lag das Problem darin, dass die Folgeaktionen oft zu langsam waren, insbesondere Buendia drehte teils zu langsam und unsauber auf, wodurch Köln rechtzeitig hinter den Ball kam und das Spiel stabilisieren konnte.

Bindung durch Dynamik

Ein 5-3-2 wird oft durch die Besetzung des Sechserraums und die Kompaktheit in der Defensive schwer zu bespielen. Leverkusen zeigte jedoch ein Muster, das gegen ein passives 5-3-2 funktionierte: das Ausbrechen der Sechser vor den Pressingwall.

Ablagen- und Dreieckspiel über „Sechser-Ausbruch“

Palacios und Xhaka setzten dies infolge von drei Mustern um:

  • Doppelsturm von Köln zu breit: Besonders nach Rückpässen verschob der ballnahe Stürmer auf die volle Breite, der ballferne Stürmer rückte nur bedingt ein. Gerade in der Breite nahm die Fokussierung auf die Orientierung auf die Sechser ab.
  • Passivität des Doppelsturms: In konservativeren Pressingphasen agierten die Stürmer vorsichtiger, da die doppelte Besetzung des Sechserraums sie zentral gebunden hat. Dennoch reagierte man teils zu langsam auf die Bewegungen der Sechser.
  • Isolation von breiten Passoptionen: Wenn Leverkusen keine Passoptionen in die Breite hatte und Köln aus der Fünferlinie weit in die Breite heraus verteidigte, konnten die Sechser vorstoßen und das Zentrum besser anspielen.

Die Folgebewegungen in diesem Muster folgten einem klaren Schema: Nach dem Ausbrechen suchte Leverkusen sofort das Anspiel auf den Sechser. Es war kein systematisches Abkippen der Sechser, sondern ein dynamisches Ausbrechen, das darauf abzielte, das Ablagespiel auf den anderen Verteidiger (bzw. auf die andere Seite) zu ermöglichen und gleichzeitig den ballnahen Stürmer anzuziehen. Dies hatte den Effekt, dass der Stürmer nicht mehr in der Lage war, den anvisierten/ballspielenden Verteidiger zu pressen, wodurch Leverkusen eine situative Überzahl auf der Seite erzeugen konnte. Es ging also um die Bindung durch Dynamik.

Das Kernproblem, das Leverkusen hatte, war jedoch, dass Köln es tatsächlich sehr gut schaffte, die Unterzahlsituation zu neutralisieren. Das hing einerseits damit zusammen, dass besonders Tapsoba zu schnell abspielte, obwohl gerade er mit dem Ball eigentlich der Überzahlspieler war. In der Breite konnte Thielmann (bzw. die Flügelverteidiger) nämlich den weiteren Pressingweg dennoch schnell überbrücken, und auch die Halbraumspieler wurden ohnehin eng markiert. Leverkusen versuchte, durch das schnelle Abspiel in die Breite den langen Weg des gegnerischen Flügelverteidigers auszunutzen, isolierte sich dabei jedoch selbst. Dies lag auch daran, dass Tapsoba und Tah zu selten selbst in den Halbraum nachschoben, wodurch die potenzielle Überzahl nur unzureichend ausgespielt werden konnte.

Ein weiterer, eher allgemeiner Punkt war die hohe Anzahl an taktischen Fouls seitens Köln. Besonders wenn Wirtz oder Buendia im Abkippen angespielt wurden, zog man schnell das Foul, um die entstehende Dynamik – insbesondere jene durch das Ausbrechen der Sechser – gezielt zu unterbrechen.

Kölns Umschaltbewegungen

Wie so oft in diesen Duellen, ist das Verhältlns von hohen Ballbesitz, Restverteidigung und Umschaltmomanten der „unterlegenen“ Mannschaft ein spielentscheidendes.

Umschaltsituation von Köln

Die Leverkusener rückten im Laufe der ersten Halbzeit zunehmend auf, auch aufgrund der Probleme der Kölner gegen die Doppelsechs, grundsätzlich agierte man in der Restverteidigung aus einem 2-1/3-1 heraus, in welchem Tapsoba und Tah etwas einrückten und tendenziell auch Mukiele etwas tiefer agierte. Das Kernproblem war aber, dass Xhaka wie auch Palacios mit dem Ball teils extrem weit aufrückten und daher der Raum vor dem Restverteidiungsblock teils unbesetzt war und diesen visierten die Kölner immer wieder an.

Besonders Maina und teils auch Down zockten immer wieder in diesen Raum auf einem Ballgewinn, gewannen die Domstädter den Ball, dann suchten sie oft sofort den langen Ball, in eben jenen Raum auf Maina. Dieser sollte mit seinem extremen Tempo entweder ins Dribbling gehen oder in die Breite leiten, denn dort schoben oft entweder Flügelvertediiger Thielmann bzw. Finkgräfe durch, aber auch Ljubicic agierte oft durchschiebend im Halbraum.

Das zentrale Problem für Leverkusen lag darin, dass sie aus dem mannorientierten Gegenpressing nicht immer direkt Zugriff auf den Ballführenden bekamen. Häufig wurde der Kontakt gar nicht oder nur lose gesucht, wodurch Köln immer wieder enge Bälle anspielen und sich aus Drucksituationen befreien konnte.

Das 0:1 für den 1.FC

So verschaffte sich Köln in der ersten Halbzeit immer wieder Entlastung vom teils erdrückenden Ballbesitz der Heimelf und kam dabei auch zu einzelnen Chancen. Letztlich fiel auch das 1:0 nach einer ähnlichen Situation: Nach einem schnellen Ballgewinn konnte Schwäbe per langem Ball Maina in die Tiefe schicken, während Leverkusen nicht schnell genug nachrückte. Besonders Zone 14 war durch das hohe Agieren der Sechser unterbesetzt, wodurch Ljubičić ungestört die Vorlage spielen konnte.

Umstellungen zur zweiten Hälfte

Dementsprechend ging Bayer 04 Leverkusen mit einem Rückstand in die Halbzeitpause. Wie reagierte man darauf sofort?

  • Hincapié für Tapsoba: Durch diesen Wechsel erhoffte man sich mehr Möglichkeiten im Andribbeln, um Überzahlsituationen besser auszuspielen – ein Aspekt, mit dem Tapsoba zuvor Probleme hatte.
  • Palacios und Xhaka mit breiterem Ausbrechen: Die Sechser rückten weiterhin vor den Pressingwall, nun jedoch verstärkt in die Breite bzw. in den Halbraum. Dadurch wollte man offenbar eine zusätzliche Option in tieferen Aufbauregionen schaffen. Besonders Palacios konnte so mehrfach Wirtz einsetzen, der wiederum Schick in Szene setzte. Teilweise wichen nach Verlagerungen auch Buendía und Wirtz in die Breite aus.
  • Grimaldo und Frimpong tiefer: Die zuvor extrem hohen Schienenspieler agierten nun initial etwas tiefer. Das machte sie einerseits leichter anspielbar und erhöhte andererseits den Pressingweg für Thielmann und Finkgräfe erheblich. Den entstehenden Raum hinter den Kölner Flügelverteidigern besetzten besonders Wirtz und Schick konsequent, wodurch auch die Tiefe mehrfach gefunden werden konnte.

Dann dauert es wieder zehn Minuten – Leverkusen dominiert das Spiel, erspielt sich gute Chancen, doch Köln nutzt erneut das gleiche Muster aus Hälfte 1: Der Doppelsturm setzt auf entgegengesetzte Bewegungen („einer geht zum Ball, einer besetzt den Rücken“) gegen die Restverteidigung von Bayer. Kombiniert mit dem extrem schnellen Nachschieben gelingt es Köln, das 0:2 zu erzwingen.

Die Alonso-Truppe blieb mit den Anpassungen zur zweiten Halbzeit weiterhin dominant und zunehmend präsenter. Besonders die dynamischeren Vorstöße über die Seiten – ermöglicht durch die

Das 1:2

nun tieferen Flügelverteidiger – sowie die strukturierter eingestreuten Durchschiebe-Momente der Halbraumspieler führten zu mehreren Chancen.

Zudem erhöhte Leverkusen die Rotationsdynamik: Wirtz tauchte phasenweise und oft dynamisch auf den linken Flügel, während Grimaldo einrückte. Auf der rechten Seite wechselte Frimpong situativ die Position mit Buendia. Diese Variabilität sorgte nicht nur für mehr Dynamik in den 1v1-Duellen, sondern erleichterte auch die gezielte Einstreuung langer Bälle. Durch die tieferen Grundpositionen der Schienenspieler öffneten sich immer wieder Räume hinter ihnen, die von in die Breite schiebenden Halbraumspielern genutzt werden konnten. Diese zunehmende Flexibilität führte zu einer erschwerten defensiven Zuordnung für Köln und war letztlich auch ausschlaggebend für den Anschlusstreffer in der 60. Minute – auch weil Schick in dieser Szene sehr gut diagonal ballnah verschob, was in der ersten Halbzeit noch ausbaufähig war.

Probleme und Lösungen

Danach intensivierte Leverkusen die Rotationen weiter. Hincapie wechselte regelmäßig die Position mit Grimaldo, der phasenweise auch eingerückt als Sechser agierte. Mit der Einwechslung von Tella in der 61. Minute wurde dessen extreme Stärke im 1v1 gezielt genutzt, indem er vermehrt in der vollen Breite positioniert wurde. Später, nach der Hereinnahme von Boniface für Palacios, übernahm Grimaldo  zunächst für 20 Minuten die Rolle der zweiten Sechs oder agierte als linker Halbverteidiger, wenn Hincapie breiter schob.

Leverkusen blieb durchgehend dominant, hatte jedoch insbesondere auf der rechten Seite weiterhin Schwierigkeiten, Anschlussoptionen in die Tiefe zu finden. Im 3-1-6 bzw. 3-3-4 überlud man durch das hohe Aufrücken der Halbraumspieler sowie der Schienenspieler zwar konsequent die letzte Linie und erzeugte konstant Druck, wodurch zahlreiche 1v1-Situationen auf den Außen entstanden. Dennoch fehlte es oft an klaren Wegen in die Box, um die Überlegenheit auch effektiv zu nutzen.

Das Grundproblem war schlichtweg, dass die Schienenspieler von Köln immer einen gewissen Abstand gegen ihre direkten Gegenspieler hielten, das hab ich zwar auch schon als negativ betitelt zuvor, weil dadurch oft ein Druck entsteht, aber dadurch war permament der Weg in die Box blockiert und Leverkusen musste Alternative Wege finden, womit man sich mit der überladenen letzten Linie schwer tat.

Das „Doppel-Pressing“ in die Breite

Die 1v1-Situationen wurden zudem erschwert, da Köln immer wieder aus dem Zentrum heraus zusätzlich in die Breite presste, wodurch die Passwege dorthin – wo sich besonders Wirtz oft fallen ließ – zusätzlich isoliert wurden. Besonders Grimaldo hatte unter diesem hohen Druck Schwierigkeiten, Tiefe oder Dribblings zu finden. Dennoch fand Leverkusen weiterhin Lösungen, insbesondere über das Wandspiel von Schick und Boniface – die weniger die Tiefe suchten, sondern verstärkt diese Szenen anvisierten.

Da Kölns Herausverteidigen aus der Fünferkette mit zunehmender Spielzeit an Intensität verlor, ergaben sich vermehrt Chancen, die durch schnelle Ablagen eingeleitet wurden. Zudem schoben Leverkusens Halbverteidiger konsequent nach und boten sich für Fernschüsse an, wodurch der Druck weiter erhöht wurde.

Das doppelte Pressing in die Breite kostete Köln letztlich aber – wegen einer unsauberen Ausführung – den Sieg in der regulären Spielzeit. Vor dem Ausgleich rückte Ljubicic auf Garcia am rechten Flügel heraus und öffnete damit den Rückpassweg auf Frimpong, der unbedrängt eine präzise Halbfeldflanke schlug und so den Assist lieferte.

Die Verlängerung

In der Verlängerung verlor sich Leverkusens Struktur phasenweise in zu geringen Abständen im letzten Drittel, isolierter Breite und fehlender Tiefe durch eine überladene letzte Linie. Dennoch dominierte Bayer weiterhin gegen zunehmend müde wirkende Kölner, die in ihrem tiefen 5-3-2 kaum noch Zugriff fanden. Leverkusens geschickte Positionierung einiger Anspielstationen sicherte zudem Ausweichoptionen nach hinten, wodurch Köln kaum mehr in Ballbesitz kam.

Alonso reagierte darauf mit einer Anpassung: Auf beiden Flügeln entstanden mit Grimaldo/Wirtz sowie Frimpong/Tella zwei kleinräumige Pärchen. Die Idee dahinter war klar – der Ball sollte auf den höher positionierten Spieler in der Breite gelangen, während der tiefere Spieler hinterlief. Das führte immer wieder zu 2v1-Situationen am Flügel, da Kölns zweite Pressinglinie Schwierigkeiten hatte, diese Läufe zu isolieren. Insbesondere das extreme Tempo von Frimpong und Grimaldo machte sich dabei bemerkbar. Gleichzeitig löste Leverkusen das vorherige Problem der fehlenden Tiefe am Flügel, indem die eigentlich flankenisolierenden Schienenspieler konsequent hinterlaufen wurden, was zu mehr Hereingaben und gefährlichen Szenen führte.

Genau diese Pärchenbildung und Kölns Probleme mit der Breitenverschiebung der zweiten Pressinglinie führten letztlich dazu, dass erneut Grimaldo unbedrängt in die Box flanken konnte. Leverkusen nutzte diese Struktur gezielt, und der in der Box extrem durchsetzungsstarke Joker Boniface brachte sein Team mit einem präzisen Abschluss in Führung.

Danach wirkte Leverkusen „erlöst“, denn nun stellte man wieder auf ein 3-2-4-1 um und suchte nicht mehr um jeden Preis den Weg nach vorne und in die Box. Das Ergebnis waren zahlreiche Bälle in die Breite auf weiter tiefere Fügelverteidiger und Rückpässe. Situativ verkangsamten die Dreierkette auch bewusst das Spiel einfach mal, nahmen den Ball auf die Sohle und ließen Köln das Pressing auslösen; denn strategisch hatte man nun zum ersten Mal das, was man wollte: eine Führung und damit mussten nun die Kölner.

Eigentlich schien nichts mehr anzubrennen. Eigentlich? Ja, denn in den zweiten 15 Minuten der Verlängerung lehnte sich Leverkusen möglicherweise etwas zu sehr zurück, wollte nach den intensiven 105 Minuten pragmatischer agieren und vermehrt über Konter mit den schnellen Außenspielern zum Erfolg kommen. Doch Köln nutzte diesen passiveren Ansatz und traf in der 111. Minute durch Rondić – der perspektivisch durchaus spannend ist –, doch der Bosnier stand knapp im Abseits.

Im Anschluss entwickelte sich ein zerfahrenes Spiel mit zahlreichen langen Bällen, intensiven Zweikämpfen und vielen Fouls. Die vielen Flanken von Köln konnte man mit Hincapie, Tah und Co. gut wegverteidigen. Besonders Kovar im Tor sorgte in dieser Phase mit sicheren Aktionen für Entlastung und Ruhe im Leverkusener Spiel.

Fazit

Köln lieferte über 120 Minuten eine starke Vorstellung ab, spielte phasenweise besser als mancher Bundesligist und erzielte immerhin drei Tore – stand am Ende jedoch ohne Weiterkommen da. Das 5-3-2 offenbarte zwar über das gesamte Spiel hinweg einige Schwachstellen, insbesondere in der Defensive auf den Flügeln, doch vor allem in Umschaltsituationen erzeugte man regelmäßig Chancen und konnte sich immer wieder entlasten. Problematisch war hingegen das eigene Ballbesitzspiel aus dem 2-3-Aufbau, das kaum strukturiert wirkte. Letztlich fehlte nicht nur das nötige Glück, sondern auch gelegentlich die Ruhe im Ballbesitz. Köln fokussierte sich nach Ballgewinnen stark auf das direkte Vertikalspiel, wodurch eine gewisse Wildheit ins Spiel kam – ein Faktor, der letztlich eher Leverkusen in die Karten spielte.

Leverkusen hingegen kann insgesamt zufrieden sein. Zwar offenbarte man erneut Probleme in der Restverteidigung, doch bei einem Ballbesitzanteil von phasenweise über 85 % sind solche offenen Räume beinahe unvermeidlich. Dennoch muss das Team diese Balance in K.-o.-Duellen gegen stärkere Gegner noch besser kontrollieren. Letztlich entschied man aber erneut ein Spiel in letzter Minute – dank Dynamik, Rotationen und den richtigen Wechseln.

MX machte sich in Regensburg mit seiner Vorliebe für die Verübersachlichung des Spiels einen Namen. Dabei flirtete er mit der RB-Schule, blieb aber heimlich immer ein Romantiker für Guardiolas Fußballkunst. Aktuell ist er als Analyst in einem NLZ tätig.