Italien: Das neue Venedig? Bologna öffnet seine verborgenen Kanäle wieder

Einst durchzog Bologna ein 62 Kilometer langes Kanalnetz – doch im 20. Jahrhundert mauerte die Stadt die meisten Kanäle zu. Jetzt fließt im Zentrum wieder Wasser

Feb 7, 2025 - 17:28
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Italien: Das neue Venedig? Bologna öffnet seine verborgenen Kanäle wieder

Einst durchzog Bologna ein 62 Kilometer langes Kanalnetz – doch im 20. Jahrhundert mauerte die Stadt die meisten Kanäle zu. Jetzt fließt im Zentrum wieder Wasser

Wer schon einmal durch die Gassen Bolognas spaziert ist, hat vielleicht die Neptun-Statue auf der Piazza Maggiore besucht – und sich gewundert. Schließlich rinnt kein Fluss durch die Innenstadt, und das Meer ist mehr als eine Stunde Autofahrt entfernt. Warum also steht der römische Gott des fließenden Wassers gerade dort?

Ein Hinweis darauf findet sich hinter einem kleinen versteckten Fensterladen in der Via Piella. Dort läuft der Moline-Kanal an den safran- und ockerfarbenen Gebäuden der Stadt entlang. Die kleine Ecke im Norden der Stadt wird deshalb "la piccola Venezia" genannt – also kleines Venedig. So facettenreich ist die Emilia-Romagna (20873)

Kanäle machten Bologna reich

Vor Hunderten Jahren war dieser Kanal keine Ausnahme. Im Mittelalter durchzog die Region um Bologna ein 62 Kilometer langes Kanalnetz – länger als das heutige Netz in Venedig. 

Es verband die Innenstadt mit den Flüssen Reno und Savena und damit auch mit dem adriatischen Meer. Der Zufluss versorgte die Einwohnenden der Innenstadt mit Trinkwasser, diente als Energiequelle und ermöglichte den Transport von Waren bis an die Küste. Insbesondere der Handel mit Seide und anderen Textilien machte die früher bitterarme Stadt vergleichsweise reich.

"La piccola Venezia" in Bologna: Der Moline-Kanal
Hinter dem "Finestrella", dem Fensterchen, fließt der Moline-Kanal – einer der wenigen sichtbaren Kanäle in der Innenstadt Bolognas
© Hans Ringhofer

Im 20. Jahrhundert mauerte die Stadt die meisten Kanäle im Zentrum zu – aus hygienischen Gründen, weil sie durch Abwasser verunreinigt waren und stanken, und um Platz für den zunehmenden Autoverkehr zu schaffen. Seitdem flossen die fünf KanäleNavile, Savena, Cavaticcio, Moline und Reno größtenteils unterirdisch und damit unsichtbar unter dem Zentrum Bolognas.

Das Wasser kehrt ins Stadtbild zurück

Diesen Schritt macht die Stadt langsam, aber sicher, wieder rückgängig: 1998 wurde das "Finestrella" und damit der Blick auf den Moline-Kanal geöffnet, im Parco di Cavaticcio erinnert ein Wasserbecken heute an den Kanal, der noch immer unter der Erde strömt.

Im vergangenen Jahr hat die Stadt mit dem Bau der ersten Straßenbahn begonnen – und damit auch mit der Freilegung eines langen Stücks des Reno-Kanals im nördlichen Teil innerhalb der Stadtmauer. 

Seit Februar 2025 fließt dort sogar wieder Wasser – rund 70 Jahre nach seiner Schließung. "Wir sind sicher, dass es ein neues Wahrzeichen von Bologna werden wird", sagten zur Neueröffnung Matteo Lepore, Bolognas Bürgermeister, und Daniele Ara, Stadtrat für Wassersicherheit. 

Die Neueröffnung gegen Hitze und Feinstaub

Der wiedereröffnete Reno-Kanal soll nicht nur hübsch anzusehen sein. Die Stadt will damit einem großen Problem entgegenwirken: Die Sommer in der eher pflanzenarmen Innenstadt Bolognas sind drückend heiß. Zwischen Gebäuden und Straßen heizt sich die Luft nicht selten auf mehr als 40 Grad Celsius auf. Unter anderem deshalb sind die Straßen Bolognas im Hochsommer leergefegt. Die Kanäle sollen mit dazu beitragen, dass sich Luft und Straßen abkühlen. GEO+ Klimaanpassung: Die Zukunft des Sommers

Mit der Straßenbahn und der Öffnung des Kanals fallen außerdem Parkplätze und Straßenspuren weg – und damit Anreize, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Die Po-Ebene, in der Bologna liegt, ist ohnehin schon wegen der Industrie außerordentlich durch Feinstaub belastet. Der verringerte Verkehr soll nun dazu beitragen, die Luftqualität zu steigern. Als Nächstes plant die Stadt Bauarbeiten am Savena-Kanal im Süden.