Historische Analogie: Elon Musk – warum Roms blutiger Diktator Lucius Cornelius Sulla sein Vorbild ist

Musks Doge-Projekt startet derzeit eine "Säuberung" der US-Behörden – sein Vorbild Sulla räumte einst im römischen Senat auf. Und zeigte sich dabei rücksichtslos.

Feb 6, 2025 - 12:10
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Historische Analogie: Elon Musk – warum Roms blutiger Diktator Lucius Cornelius Sulla sein Vorbild ist

Musks Doge-Projekt startet derzeit eine "Säuberung" der US-Behörden – sein Vorbild Sulla räumte einst im römischen Senat auf. Und zeigte sich dabei rücksichtslos.

Sulla – genauer: Lucius Cornelius Sulla Felix – dieser Name dürften den meisten heute nichts sagen, zumindest wenn man nicht zur Fanbase des Imperium Romanum gehört. Doch Trump-Flüsterer Elon Musk hat eine seltsame Obsession mit dem römischen Feldherren und Diktator. Und ganz unbekannt ist Sulla nicht. Er hat es sogar zu einem Internet-Meme gebracht, das Musk natürlich schon geteilt hat. Ein Meme für Insider, mit grimmigem Humor: Darin wird Lucius Cornelius Sulla mit dem Nikolaus (Santa Claus) gleichgesetzt, denn beide haben einiges gemeinsam: Sie haben eine Liste. Sie wissen, wer unartig war und wer nicht. Und: Sie kommen in die Stadt, wo sie die Menschen auf ihrer Liste besuchen und entsprechend bestrafen oder belohnen.

Santa

Die Listen von Elon Musk 

Jetzt, wo Elon Musk und sein Vorgesetzter Donald Trump in "der Stadt", namentlich Washington, sind, sollte man sich ansehen, was für eine Liste Lucius Cornelius tatsächlich hatte. Denn Sulla kam nicht nach Rom, um die artigen Kinder zu belohnen. Sulla gilt als besonders grausamer und blutiger Diktator. Auf seiner Liste standen die angeblichen Feinde Roms – und seine eigenen Gegner. Und diese Listen hatten es in sich. 

Sulla erfand die Proskription. Die Listen wurden in Rom aufgehängt, und wessen Name darauf stand, war ein toter Mann. Er wurde für vogelfrei erklärt, wer ihm half oder Obdach gab, war ebenfalls des Todes. Und damit nicht genug. Ein Detail verrät viel über Sullas Charakter. In Rom konnte ihm und seinen Legionen niemand trotzen. Aber er wusste, dass die Aristokraten aufs Land fliehen würden. In Provinzen, in denen ihre Familien viel Macht hatten und wo das Wort Roms wenig galt. Dem baute Sulla vor: Wer einen der Proskribierten tötete oder auslieferte, bekam dessen Vermögen (oder zumindest einen Teil davon). Viele der Geächteten wurden daraufhin von ihrem eigenen Gefolge oder ihren Sklaven getötet. Die zogen es vor, reich und frei zu sein, als unter ihrem Herrn vor den Häschern des Diktators zu fliehen. Später verlieh Sulla den "Verrätern" das Bürgerrecht und schuf sich so eine loyale Anhängerschaft.Schlacht Lugundum 11.40

Sulla: Persönliche Grausamkeit

Mit diesen Maßnahmen wollte Sulla den – tatsächlich – korrupten Staat reinigen und seine eigene "Dignitas" wiederherstellen, indem er jene verfolgte, die ihm Schmach und Unrecht angetan hatten. Innerhalb der römischen Gedankenwelt waren beides nachvollziehbare Motive, die auch Tote rechtfertigen konnten. Doch Sullas politische Ambitionen traten hinter seiner persönlichen Grausamkeit zurück. Und auch die bloße Geldgier, die schnell hinter vielen Verfolgungen stand, hinterließ der Nachwelt ein düsteres Andenken.

Und von diesem Mann teilte Musk nicht nur das besagte "lustige" Meme, in einem anderen Zusammenhang schrieb er auf "X" gar, auch heute bräuchte man einen modernen Sulla. Ein starkes Stück, denn Lucius Cornelius liebte es unter anderem, seine Hunde mit den Herzen seiner Gegner zu füttern. 

Hier lohnt es sich, den Zusammenhang anzusehen. Elon Musk reagierte auf einen Tweet von David Sachs – Investor und Weggefährte von Musk aus der PayPal-Zeit. Sachs verglich eine Unsitte der römischen Zeit mit der Gegenwart: Abhängige Herrscher setzten auf einzelne einflussreiche Römer und Familien, um ihre Königreiche zu sichern. Im Gegenzug halfen die Klientel-Könige ihren Gönnern mit Geld und Ressourcen. Sachs spielte damit auf Geldflüsse in die Ukraine und angebliche Korruption der Biden-Familie an.

Eines der größten Probleme der späten römischen Republik war die Gier und offene Korruption der senatorischen Eliten. Damals hatte Rom ein Weltreich erobert, von dem aber allein die Oberschicht profitierte. Die übrige Bürgerschaft ging nicht nur leer aus, sie wurde ökonomisch unter Druck gesetzt, weil die Reichen die Wirtschaft immer mehr auf die Sklaverei umstellten. Die Helfer des Elon Musk: Sie sind zwischen 19 und 24, Praktikanten – und greifen nach der Macht 17:20

Elon Musk und Rom: Folge dem Geld

Wie könnte man diese Zustände auf das heutige Washington ummünzen? Gemeint sind offenbar die staatlichen Geldflüsse. Elon Musk postet auf X etwa Aussagen wie die, dass Auslandshilfe das neue Wort für Geldwäsche sei. Dahinter steckt die Überzeugung, dass staatliche Unterstützung durch die USA mit einer Art verdeckter Rückzahlung verbunden ist, an Organisationen, die den Demokraten nahestehen. Die Sulla-Analogie: Die herrschende Elite nutzt das Staatsvermögen zum eigenen Nutzen. In diesem Rahmen wirkt sein radikales Doge-Projekt logisch, denn es verfolgt eben jene Geldströme.

Auch das rasante Vorgehen kommt vom Vorbild Sulla. Denn der kannte das Konzept von Shock and Awe – Schrecken und Furcht. Er verfolgte nicht einzelne Gegner, sodass sich Widerstand hätte entwickeln können. Seine Listen enthielten Hunderte von Namen, und jeden Tag kamen neue hinzu. Die senatorische Opposition war wie gelähmt, jeden Tag starben Unzählige, und die heute Verschonten konnten sich bereits am nächsten Tag auf der aktuellen Liste wiederfinden.

"Kein besserer Freund, kein schlimmerer Feind"

Die Zeit von Proskriptionen und Mord durchs Hauspersonal ist zwar auch in Trumps Amerika vorbei, dennoch ist der Rückgriff auf eine Person wie Sulla bedenklich, wie der Historiker Marc Hyden ausführte. Hyden verfasste eine Biografie über Sullas Gegenspieler Gaius Marius. "Sulla sah eine dysfunktionale Republik, die Veränderungen brauchte, und ergriff Maßnahmen, aber er tat es auf die falsche Weise", schrieb Hyden. Er habe sich als geschickter Militärkommandant und kompetenter Politiker erwiesen, aber er war "kleinlich, gewalttätig und hatte keine Skrupel". 

Natürlich besaß Sulla auch positive Eigenschaften, sonst hätte es jemand wie er, mit eher obskurer Herkunft, nicht so weit bringen können. Und einige davon finden sich auch bei Trump. Als junger Mann liebte Sulla das süße Leben. Er konnte schauspielern, wusste Wortwitz und Humor zu nutzen. Und so nachtragend er seinen Feinden gegenüber war, so großzügig war er zu seinen Freunden und Gefolgsleuten. Stets darauf bedacht, dass sie ihm mehr schuldeten als er ihnen. Sulla soll seine eigene Grabinschrift verfasst haben. Sie lautete: "Hier liegt Sulla, den kein Freund jemals an Güte und kein Feind an Unheil übertraf." 

Es ist abzuwarten, wie viel Sulla wirklich im Duo Musk/Trump steckt und ob sie ihre Feinde tatsächlich so unversöhnlich verfolgen werden, wie es der Diktator tat. Sulla wurde übrigens nicht aus dem Amt gedrängt, auf der Höhe seiner Macht trat er 79 v.Chr. aus eigenen Stücken ab. Ein Jahr später starb er eines natürlichen Todes.