Eine kleine Wochenschau | KW05/2025: Wer die Wahl hat (Teil 2)
Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal. The post Eine kleine Wochenschau | KW05/2025: Wer die Wahl hat (Teil 2) first appeared on .
Die grüne Bundestagsabgeordnete Hanna Steinmüller trägt auf ihrem Wahlplakat einen grauen Hosenanzug und sieht aus, als sei sie von einer Stylistin professionell geschminkt worden. Etwas zu professionell, denn durch ihr Auftreten wirkt sie mehr wie eine Bankberaterin und weniger wie eine klassische Grüne.
Bei denen denke ich immer an langhaarige und -bärtige, leicht ungepflegt ausschauende Männer in Wollpullovern sowie an Frauen in wallenden Gewändern, die strickend im Bundestag sitzen und für die Make-up und Lidschatten ein Verrat ihrer feministischen Ideale gewesen wäre. So war das zumindest Anfang der 80er, als die Grünen noch nicht durch die Institutionen marschiert sind und die Institutionen noch nicht durch die Grünen.
Auf einen inhaltlichen Slogan hat Hanna Steinmüller verzichtet. Schade eigentlich. „Hoch die Hände, Ampel-Ende“ wäre ganz lustig gewesen. Stattdessen heißt es dort lediglich: „Für Berlin-Mitte“ Darunter noch: „Ein Mensch, ein Wort.“
Dieser Zusatz ist mir schon bei Robert Habeck aufgefallen, dessen Plakate in der Turmstraße hängen. Unter seinem Portrait prangt in dicken, fetten Großbuchstaben: Zuversicht. Woher Robert Habeck diese nimmt, würde mich interessieren. Wahrscheinlich eher nicht aus den aktuellen Wahlumfragen und noch weniger aus den jüngsten Prognosen zum Wirtschaftswachstum.
Auf dem Foto strahlt er auch nicht wahnsinnig viel Zuversicht aus. Er schaut eher leicht verkniffen drein. Wie jemand, der sich extrem unwohl fühlt, fotografiert zu werden. Was definitiv für Robert Habeck spricht.
Unten auf dem Plakat steht dann auch: „Ein Mensch, ein Wort.“ Was er uns damit sagen will? Ich weiß es nicht. Vielleicht soll potenziellen Wähler*innen versichert werden, dass es sich bei Robert Habeck um einen Menschen handelt und nicht, wie Friedrich Merz kürzlich in einem Interview gesagt hat, um einen Wuschelbären handelt.
31. Januar 2025, Berlin
Heute gibt es in Berlin Halbjahres-Zeugnisse. Das erste Mal seit fünfzehn Jahren hat dieser Tag keine Bedeutung für uns, sondern ist einfach ein Freitag. Was allerdings auch heißt, dass wir nicht ins Café Extrablatt zum Zeugnis-Essen gehen können. Schade.
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Für die Linke wirbt in unserer Straße Stella Merendino für ihre Wahl. Sie trägt blaue Krankenhaus-Kleidung, was den Satz „Aus der Rettungsstelle in den Bundestag“ unterstreicht. Ich schätze, das soll Authentizität und Lebensnähe demonstrieren. Stella Merendino ist keine machtversessene Karrierepolitikerin, sondern weiß, wo den Menschen der Schuh drückt.
Ich wünsche Frau Merendino alles Gute für ihre berufliche Neuorientierung. Angesichts des gegenwärtigen Fachkräftemangels im Gesundheitswesen wäre es aber auch nicht schlimm, wenn das mit dem Bundestagsmandat doch nicht klappt.
01. Februar 2025, Berlin
Annika Klose kandidiert in unserem Bezirk für die SPD. Sie hat sich auf dem im sozialdemokratischen rot gehaltenen Plakat für ein existenzialistisch anmutendes, schwarzes Rollkragenoberteil entschieden. In der Hand hält sie einen Würfel mit einem QR-Code in Form des SPD-Logos. Dazu passend steht unter ihrem Namen: „Plakat scannen, SPD wählen.“
Ich gehe davon aus, dass du durch den Scan Informationen erhältst, die dich davon überzeugen sollen, sozialdemokratisch zu wählen, und nicht schon deine Stimme für die SPD abgibst.
Das Plakat von Olaf Scholz in unserer Straße hat einen schwarz-rot-goldenen Hintergrund. Damit niemand vergisst, dass er der Bundeskanzler ist. Er blickt so freundlich, wie es ihm möglich ist, in die Kamera. Halb über ihm, halb auf seiner Stirn ist der SPD-Slogan „Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ abgedruckt.
Alles in Großbuchstaben, wodurch der Eindruck ansteht, Olaf Scholz brüllt einem das ins Gesicht: „MEHR FÜR DICH. BESSER FÜR DEUTSCHLAND.“
Was damit wohl gemeint ist? Mehr Olaf Scholz für dich? Ich glaube nicht, dass das viele Menschen möchten. (Außer Olaf Scholz sowie einige Stockholm-Syndrom geschädigte SPD-Mitglieder.)
Und soll mehr Olaf Scholz besser für Deutschland sein? Auch da nicken wohl nur wenige Menschen zustimmend. (Außer Olaf Scholz und einige Stockholm-Syndrom geschädigte SPD-Mitglieder.)
Wahrscheinlich ist er zumindest besser für Deutschland als Friedrich Merz. Aber da liegt die Messlatte auch nicht allzu hoch.
02. Februar 2025, Berlin
Morgen beginnt unser alljährliches Saftfasten. Folglich ist heute Entlastungstag, was wiederum bedeutet: Keine tierischen Lebensmittel mehr, kein Zucker, kein Koffein. Unschöne Aussichten für den Sonntag.
Nachmittags gehen wir noch zur Demo. „Aufstand der Anständigen. Wir sind die Brandmauer.“ Obwohl ich mich auf Massenveranstaltungen immer unwohl fühle. Zu viele Menschen, von denen mir viele suspekt erscheinen. Außerdem mag ich keine Parolen skandieren. Die sind doch häufig sehr unterkomplex und naiv. Da entsteht beim gemeinsamen Rufen bei mir kein Zugehörigkeitsgefühl, sondern eher Fremdscham.
Aber das Thema ist zu wichtig – gerade nach dieser Woche im Bundestag – und bei Demos geht es ja immer auch um Symbolik. Um möglichst hohe Teilnehmerzahlen und um eindrückliche Fotos. Die verdeutlichen sollen, dass eine Mehrheit gegen rechtsextreme Parteien und unmenschliche Anti-Migrationspolitik ist.
Deswegen schiebe ich meinen Dünkel und meine Befindlichkeit beiseite und ziehe nachher mit durch das Regierungsviertel. Quasi um mich als Zählvieh zur Verfügung zu stellen. Meine Frau findet, dass der Spruch „Not all heroes wear capes“ trotzdem nicht auf mich zutrifft.
Heute ist übrigens auch Groundhog Day. Wenn das Murmeltier Phil in Punxsutawney nach dem Winterschlaf seinen Bau verlässt und keinen Schatten wirft, naht der Frühling, scheint aber die Sonne, bleibt der Winter noch ein paar Wochen länger.
Hoffentlich kommt Friedrich Merz nicht aus dem Konrad-Adenauer-Haus, wirft einen Schatten und das heißt dann, dass er für die nächsten vier Jahre Bundeskanzler ist. Das wäre wie vier Jahre ohne tierische Lebensmittel, Zucker und Koffein.
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