Warum mich die Konzert-Setliste von Metallica an meine UX-Arbeit erinnert – Keynote auf dem UX-Leadership-Barcamp
Wie bleibt man über Jahrzehnte relevant, ohne seinen Kern zu verlieren? Diese Frage hat Ingo Widmann auf einem Metallica-Konzert mit 72.000 Fans im […]
Wie bleibt man über Jahrzehnte relevant, ohne seinen Kern zu verlieren? Diese Frage hat Ingo Widmann auf einem Metallica-Konzert mit 72.000 Fans im Olympiapark in München fasziniert.
Als Ingo Widmann, Head of UX in der IT-Abteilung von SAP, in seiner Keynote über UX sprach, verband er genau dieses Thema mit seiner Arbeit. Seine inspirierenden Einblicke, wie er seit 2016 UX bei SAP in der IT etabliert, führten uns durch eine Reise, die spannender und auch unterhaltsamer nicht hätte sein können.
Die perfekte Setliste – und was UX davon lernen kann
Die Grundlage eines großartigen Konzerts ist eine gelungene Setliste – beim Metallica-Konzert eine Mischung aus 60 % ikonischen Hits und 40 % neuen oder experimentellen Stücken. Sie führt das Publikum durch Höhen und Tiefen, heizt die Stimmung immer wieder an, gibt Raum für Verschnaufpausen und endet mit einem emotionalen Höhepunkt.
Genau so funktioniert auch die Einführung von UX in einem Unternehmen. Ingo beschrieb, wie UX bei SAP IT in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Vom ersten Usability-Test („Unsere Einstiegsdroge war der Usability-Test.“) bis hin zur Einführung eines ganzheitlichen User-Centered-Design-Ansatzes, bei dem ein UX-Score als Metrik in allen Bereichen integriert ist – jede Phase hatte ihre eigenen „Hits“ und Experimente. Aber genauso wie bei einem Konzert oder einer Band gilt: Der Kern – bei UX die Nutzerzentrierung – darf nie verloren gehen. Auch wenn es verlockend ist, Human Centered Design auch auf andere Bereiche, wie Bürogebäude oder Marketing zu übertragen, sollten UXler:innen vor allem in ihrem Kernbereich der nutzerzentrierten Produktentwicklung punkten, sagte Ingo.
Was UXler:innen von Metallica lernen können
Metallica zeigt, wie man sich treu bleibt und dennoch mit der Zeit geht. Ingo betonte, wie wichtig es ist, sich als UX-Team anzupassen, sich Neuerungen nicht zu verschließen und pragmatisch auf die Bedürfnisse der Organisation zu reagieren.
„Früh sichtbar machen, was wir liefern können“ ist ein Schlüsselprinzip von Ingos UX-Arbeit. Ähnlich wie Metallica ihre Fans mit bekannten Songs abholt, zeigte sein Team frühzeitig Prototypen und Ergebnisse, um die Akzeptanz für UX zu steigern.
UX als Festival, nicht als Konzert
Ein Konzert ist ein Erlebnis für eine Band und ihre Fans. Ein Festival hingegen ist ein komplexes Zusammenspiel vieler Akteure. UX bei SAP IT gleicht einem Festival: Produktmanager:innen, Solution Architects, Entwickler:innen und UXler:innen müssen zusammenarbeiten, um Nutzerbedürfnisse umzusetzen.
Das UX-Team sucht daher immer wieder Anknüpfungspunkte zu anderen Rollen. Besonders die Verbindung von UX mit Business-Zielen wird gestärkt – eine anspruchsvolle, aber lohnende Aufgabe.
Wenn er heute wieder vor der Herausforderung stehen würde, UX in einem Unternehmen zu etablieren würde er:
- UX konsequent an den Bedarfen der Stakeholder ausrichten. Produktmanager:innen geht es darum, erfolgreiche Softwareprodukte zu liefern. Dabei geht es im Wesentlichen um das UI-Design und User Flows. Auch wenn UX-Research und Nutzerfeedback dafür essentiell sind, würde er es nicht in den Vordergrund rücken. Er würde frühzeitig über gute Visualisierungen und Prototypen etwas Greifbares präsentieren und so den Nutzen von UX für die Ziele der Produktmanager:innen möglichst früh aufzeigen.
- damit rechnen, dass er viele UX-Aspekte zigfach wiederholen und mit ähnlichen Situationen immer wieder entspannt umgehen muss. Es wird z.B. auch in Zukunft so sein, dass Produktmanager:innen mit dem Wunsch “Mach’ es schön” auf UXler:innen zugehen. Auch wenn das viele UXler:innen triggert, empfiehlt er, diese Situation immer wieder als Chance zu verstehen und zu nutzen.
- beim Kern von UX, der Nutzerzentrierung im Kontext der Softwareentwicklung (Discovery, Research, Design, Evaluation) bleiben. Er würde erfolgreiche Türöffner, wie Usability-Tests, immer wieder bespielen, auch wenn man es selbst nicht mehr hören kann.
- sich an die Bedarfe der Organisation immer wieder anpassen und pragmatisch bleiben. Im Mittelpunkt der Weiterentwicklung von UX würde die Frage stehen: “Was braucht die Organisation gerade und was ist gerade möglich?”. Er würde Strömungen und Veränderungen im Unternehmen beobachten und überlegen, was UX dazu beitragen kann.
Die Vorband von UX
Verfolgt man die Metapher des Konzertes konsequent, dann kommt man schnell zur Frage, was ist eigentlich die Vorband von UX? Bevor die Hauptband die Bühne betritt, sorgt schließlich die Vorband für die passende Stimmung. Ingo sieht sie in ersten Nutzerinterviews und frühen Tests. Diese kleinen, schnellen Maßnahmen schaffen Akzeptanz und legen die Grundlage für das große Ganze.
Die wichtigsten Fähigkeiten für UX-Erfolg
Ingo fasste zusammen, was ein:e erfolgreiche:r UXler:in braucht:
- Fachliches Know-how, um Tools und Methoden zu beherrschen sowie die Fachdomäne zu verstehen.
- Kommunikationsfähigkeiten, um Stakeholder zu überzeugen und deren Bedürfnisse zu verstehen.
- Pragmatismus, um Lösungen anzubieten, die zu den Möglichkeiten der Organisation passen.
„UX ist wie ein Produkt, das man auch intern vertreiben muss“, betonte er – eine Aufgabe, die Durchhaltevermögen erfordert.
Fazit
Metallica und UX – zwei Welten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Doch Ingo Widmann zeigte, wie viel UX von einer perfekten Konzert-Setliste lernen kann: den richtigen Mix finden, das Publikum begeistern und nie den Kern verlieren.
Vielen Dank
Ein herzlicher Dank geht an Ingo Widmann für seine inspirierende Keynote, an unsere Sponsoren cxomni, ReSight Global, Changitors | UID und wir-senden-das.de für ihre Unterstützung – und natürlich an alle Teilnehmenden für spannende Fragen.