Von wegen nachhaltig: dm opfert seine Werte kurz mal dem Rabattwettbewerb

Bislang inszenierte sich dm stets als werteorientierter Gegenentwurf zum übrigen Handel. Doch die neue Werbekampagne der Drogeriemarktkette setzt nun auf Hamsterkäufe statt Nachhaltigkeit. Das ist ein risikoreiches Spiel. Ein Kommentar. Der Beitrag Von wegen nachhaltig: dm opfert seine Werte kurz mal dem Rabattwettbewerb erschien zuerst auf Supermarktblog.

Jan 14, 2025 - 13:41
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Von wegen nachhaltig: dm opfert seine Werte kurz mal dem Rabattwettbewerb
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Lebendige Arbeitsgemeinschaft“, „verantwortungsvolle Sortimentsgestaltung“, „gesellschaftliches Engagement“ – die selbst definierten Handlungsfelder von Deutschland erfolgreichster Drogeriemarktkette klingen gut überlegt und betonen Nachhaltigkeit.

Aber wenn man sich die Motive ansieht, mit denen dm derzeit für den 10-Prozent-Rabatt wirbt, den App-Nutzer:innen den ganzen Januar über aufs fast komplette Sortiment erhalten, sollte man in Karlsruhe womöglich zeitgemäß nachjustieren – und ein weiteres ergänzen: den gezielt angeregten Überflusseinkauf.

„Kurz mal zu dm…“ prangt gerade neben dem Bild einer Kundin beim Shoppen, die deutlich mehr Produkte in den Armen hält als ursprünglich geplant. „Und ich dachte, ich brauch keinen Korb“, grinst die Protagonistin auf einem zweiten Motiv in die Kamera. Der App-Rabatt machen aus dem schnellen Gang zum Drogeriemarkt eine glückproduzierende Hamsteraktion.

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Bewusster Konsum ist so nerd

Das ist einerseits konsequent, um weitere Kund:innen zum Download der dm-App und der Registrierung für ein Kund:innenkonto zu bewegen, um künftig deren Einkaufsverhalten besser nachvollziehen (und steuern) zu können.

Aktuelle dm-Werbung für Rabatte; Foto [M]: Smb, dm drogeriemarkt

Es ist aber auch ein – erneuter – Bruch mit allem, wofür dm eigentlich bislang stehen will. Jahrelang hat man sich in Karlsruhe als Gegenentwurf zum üblichen Rabattwettbewerb im Handel positioniert. Statt kurzfristiger Aktionen setzt man auf Dauerpreise, deren Veränderung am Regal transparent kommuniziert wird. Statt zum Mehrkauf anzuregen, betont man Nachhaltigkeit und bewussten Konsum. Der Mensch soll im Mittelpunkt stehen, nicht der schnelle Euro.

Dass dm dieses Prinzip bei seinen Eigenmarken wie Balea schon länger aufgeweicht hat – wo stetige Produktneuheiten zum schnellen Austausch anregen (siehe Supermarktblog) – wird dabei gerne übersehen.

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Auch die 10-Prozent-Rabattaktionen zu Beginn des Jahres gibt es schon länger – bislang wurden sie aber z.B. so beworben:

dm-Rabattwerbung im Jahr 2022; Foto: Smb

Hier kauf ich mehr als geplant

Mit der aktuellen Kampagne wird der Bruch mit den eigenen Werten nun überdeutlich. Sie reiht sich nahtlos ein in die Rabattschlachten, die insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel derzeit allerorten schlägt. Bereits im vergangenen Jahr hatte dm mit einer ähnlich gelagerten Aktion experimentiert. Damals waren es verzückte Kund:innengesichter, die mit einem übertriebenen „Waaaaas“, „Kraaaass“, „Boaaaah“ und „Jaaaaaa“ auf Sparangebote reagierten (siehe Supermarktblog).

dm-Rabattwerbung im Sommer 2024; Foto: Smb

Auf LinkedIn lobt der Leiter des dm-Marketings und Digitalgeschäfts, Mario Bertsch, die von HeimatTBWA entwickelte Kampagne als „emotional, nahbar, echt“ („No more words needed“) – und das mag ja auch zutreffen und gut sein, um eine jüngere Kundschaft anzusprechen, die genau das beim dm-Einkauf empfindet (das übliche LinkedIn-Geklatsche in den Kommentaren darunter produziert sich von alleine).


Aber was sagt das über eine Marke aus, die so bereitwillig ihre bislang in den Fokus gerückten Werte über Bord wirft?

dm verwässert eine klare Positionierung und macht sich ein Stück weit austauschbar. Der bekannte Slogan „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“ steht zwar weiterhin in den Kampagnenmotiven. Er wirkt dort aber wie ein Relikt aus einer Zeit, als die Handelskette noch andere Prioritäten hatte. Heute heißt es eher: Hier bin ich Schnäppchenjäger:in, hier kauf ich mehr als geplant.

Schwere Zeiten für den WWF-Panda

Die selbst definierten Handlungsfelder werden dadurch nicht gleich bedeutungslos. Aber sie verlieren an Glaubwürdigkeit. Und das ist für eine Marke, die sich über Jahrzehnte als werteorientiertes Unternehmen positioniert hat, ein gefährliches Spiel. (No more words needed.)

dm-Marketingchef Mario Bertsch übrigens soll im Frühjahr laut „Lebensmittel Zeitung“ als Chief Marketing Officer zu Edeka wechseln, um dort u.a. die gerade begonnene Payback-Kooperation weiter anzuschieben. Wie passend, dass sein bisheriger Arbeitgeber das neue Bonusprogramm-Familienmitglied bereits willkommen heißt. (Das fällt natürlich leichter, nachdem die Edeka-Strategie, mit Budni einen landesweiten dm-Konkurrenten aufzubauen, krachend gescheitert ist.)

Es ist also vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, bis die Einkaufsrafferei-Begeisterung auch bei Blau-Gelb („Wir lieben Lebensmittel“) ankommt. Der WWF-Panda, mit dem Edeka bislang so gerne wirbt, kann sich schon mal auf harte Zeiten gefasst machen.

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