Künstliche Intelligenz: Analyse von Krankheitssymptomen – KI-Hoffnung überrascht mit Millionengewinn

Eine App für die KI-Analyse von Krankheitssymptomen brachte Ada Health hohe Verluste und Kritik am Datenschutz ein. Nun legte das Berliner Start-up bemerkenswerte Zahlen vor

Jan 15, 2025 - 15:00
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Künstliche Intelligenz: Analyse von Krankheitssymptomen – KI-Hoffnung überrascht mit Millionengewinn

Eine App für die KI-Analyse von Krankheitssymptomen brachte Ada Health hohe Verluste und Kritik am Datenschutz ein. Nun legte das Berliner Start-up bemerkenswerte Zahlen vor

Wieso zwickt es plötzlich in der Leistengegend? Und was hat es mit den trockenen Stellen auf der Haut auf sich? Für Hypochonder ist die App von Ada Health wohl Fluch und Segen zugleich: Mit dem Tool des Berliner Start-ups lassen sich Symptome erfassen, eine künstliche Intelligenz im Hintergrund unterbreitet anschließend erste Diagnosevorschläge. Eine Orientungshilfe für den Besuch beim Facharzt. 

Mit dem Angebot ist das Start-up seit bald neun Jahren am Markt – und erfolgreicher denn je, wie der vor wenigen Tagen veröffentlichte Geschäftsbericht für 2023 nahelegt. Inzwischen werde die App von weltweit mehr als 13,5 Millionen Nutzern verwendet, die addiert mehr als 32 Millionen Symptomanalysen vorgenommen hätten, teilt das Unternehmen darin mit. Für das Smartphone dürfte Ada damit eine der größten KI-Gesundheitsanwendungen sein.

In der Vergangenheit war das Angebot nicht unumstritten. Sicherheitsexperten hatten bereits 2019 festgestellt, dass Ada Health unter anderem Informationen zu Krankheitssymptomen und den Namen der Krankenkasse an Facebook weiterreichte. Das Start-up behob die Mängel zwar rasch. Allerdings beendeten daraufhin die AOK und die Techniker Krankenkasse TK die Zusammenarbeit. Dem Wachstum der Berliner Firma hat dies offenbar nicht nachhaltig geschadet.

Umsatz steigt um das Vierfache

Vor allem bei den Umsatzerlösen legte das Start-up zuletzt kräftig zu. Laut Geschäftsbericht erzielte das Unternehmen im Berichtsjahr 2023 einen Umsatz von rund 51,7 Mio. Euro – mehr als vier Mal so viel wie im Vorjahr (12,1 Mio. Euro). „Dieser Anstieg ist vor allem auf konzerninterne Umsätzen zurückzuführen, da die Tochterunternehmen ihre Partnerschaften deutlich ausgeweitet haben“, heißt dazu vom Unternehmen. Ada Health unterhält in wichtigen Märkten eigene Ländergesellschaften, etwa in Großbritannien oder den USA. Nur ein Viertel der Umsätze entstehen in Deutschland.

Für Endnutzer bietet das Start-up seine App kostenlos an, es kooperiert allerdings mit Krankenkassen, Pharmaunternehmen und Kliniken. Letztere nutzen das KI-Tool beispielsweise, damit Ärzte seltene Erkrankungen schneller diagnostizieren können. Von ihnen erhält Ada eine Gebühr.

Gerechnet hat sich das Geschäftsmodell lange Zeit nicht. Über die Jahre häufte Ada teils horrende Verluste an, so stand allein 2022 noch ein Fehlbetrag in Höhe von 35,6 Mio. Euro zu Buche. Vor diesem Hintergrund erstaunt eine Zahl im jüngsten Jahresabschluss umso mehr: So war Ada im Gesamtjahr 2023 erstmals profitabel – unterm Strich stand ein Gewinn von rund 6 Mio. Euro. 

Ein Turnaround, der offenbar auch die Geschäftsführung um Firmengründer Daniel Nathrath überraschte: „Diese beeindruckende Verbesserung, die über den ursprünglichen Prognosen lag, ist sowohl auf Umsatzwachstum als auch auf erfolgreiche Kostensenkungsmaßnahmen zurückzuführen“, heißt in dem Bericht. Gespart hat das Start-up demzufolge besonders am Personal – etwa ein Viertel der Stellen strich Ada im Berichtsjahr. 19-12-24 Perplexity verdreifacht Bewertung - KI-Startup jetzt 9 Milliarden wert

Finanziert hat das Start-up sein Geschäft bislang überwiegend durch Investoren. Mehr als 200 Mio. Dollar hat Ada bislang eingesammelt, ein Teil davon entfällt auf Kredite. Zu den Investoren des Start-ups zählen unter anderem der June Fund des früheren Google-Vorstands Philipp Schindler. Auch der Beteiligungsarm des Pharmakonzerns Bayer (Leaps by Bayer) ist bei Ada involviert.

Konkurrenz von Google und OpenAI

Großen Rückenwind dürfte das Start-up wie viele andere KI-Unternehmen besonders durch die technologischen Fortschritte bei Sprachmodellen (LLMs) erhalten haben. Endanwendungen wie ChatGPT sind inzwischen in vielen Alltagsbereichen etabliert. Allerdings sieht sich Ada Health damit auch neuer Konkurrenz gegenüber. Neben dem ChatGPT-Entwickler OpenAI bietet beispielsweise auch Google mit „Med PaLM“ ein spezielles Sprachmodell für den Medizinbereich an.

Im Investorenkreis gibt man sich dennoch optimistisch. Als Spezialist habe sich Ada bislang gut im umkämpften Gesundheitsmarkt behauptet und werde dies wahrscheinlich auch weiterhin tun. „Es wird niemals die Kernkompetenz von Google sein, Ärzten die Diagnose zu erleichtern“, sagt ein beteiligter Investor im Gespräch mit Capital. Nun gelte es allerdings, die gute Entwicklung zu bestätigen.ePA Interview 10.10

Ada rechnet jedenfalls mit weiteren Zuwächsen. Für 2024 werde „ein zweistelliges Wachstum der Umsatzerlöse und Ergebnis vor Steuern prognostiziert“, steht im Geschäftsbericht. Firmenchef Nathrath stellte zuvor im „Handelsblatt“ sogar einen „dreistelligen Millionenumsatz“ in Aussicht. 

Auf Anfrage von Capital äußerte sich das Unternehmen zunächst nicht zum tatsächlichen Verlauf des vergangenen Geschäftsjahrs. Aus dem Firmenumfeld ist allerdings zu hören, dass sich der Umsatz nicht wie erwartet weiter vervielfacht hat. Die Gewinnzone soll Ada Health indes erneut erreicht haben. Eine weitere Finanzierungsrunde sei deshalb vorerst auch nicht geplant, heißt es. 

Transparenzhinweis: Bertelsmann Investments ist an Ada Health beteiligt. Bertelsmann ist der Mutterkonzern von RTL Deutschland, wozu auch Capital gehört.

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