Sprachwissenschaften: 1.000.000 Dollar Belohnung für die Entzifferung der Indussprache ausgesetzt
Bis heute rätseln Forschende, was die Schriftzeichen auf 5000 Jahre alten Tontäfelchen aus dem Nordwesten des heutigen Indien bedeuten. Nun gibt es einen zusätzlichen Anreiz, sie zu entschlüsseln
Bis heute rätseln Forschende, was die Schriftzeichen auf 5000 Jahre alten Tontäfelchen aus dem Nordwesten des heutigen Indien bedeuten. Nun gibt es einen zusätzlichen Anreiz, sie zu entschlüsseln
Die Induskultur im Nordwesten des heutigen Indien und Pakistan gibt bis heute Rätsel auf. Zwar gibt es zahlreiche, rund 5000 Jahre alte Schriftdokumente, darunter mehr als 4000 Stempel und Tontäfelchen mit Schriftzeichen und Tierdarstellungen. Doch die entziehen sich ihrer Entschlüsselung – bis heute.
Um Bewegung in die Sache zu bringen, hat der Chef der Regierung von Tamil Nandu, dem südlichsten Bundesstaat Indiens, nun eine Belohnung von umgerechnet einer Million US-Dollar für die Entzifferung ausgesetzt, wie die "Hindustan Times" berichtet.
Kürze der Texte erschwert die Entzifferung
Das erste dieser rätselhaften Siegel hatte im Jahr 1875 der Indologe Sir Alexander Cunningham entdeckt. In die kleine Steinplatte war ein Stier eingraviert, begleitet von zwei Sternen und einer Reihe von sechs unleserlichen Zeichen. Dass es sich nicht um indische Buchstaben handeln konnte, war schon Cunningham klar.Warum der Mensch die Schrift erfand
Eine besondere Hürde für die Entzifferung stellt die Kürze der Zeichenfolgen dar: Längere, zusammenhängende Texte fehlen ganz, und das umfangreichste Textdokument besteht aus 34 Zeichen. Durchschnittlich finden sich auf den Täfelchen lediglich fünf Zeichen oder Darstellungen.
Zudem liegen keine mehrsprachigen Textdokumente vor, die eine Entschlüsselung erlauben würden. So trägt der berühmte "Stein von Rosette" drei Versionen ein und desselben Textes, eine davon in Altgriechisch. Die Kenntnis dieses Textes erlaubte Sprachforschern die Entzifferung der beiden anderen Versionen, darunter eine in ägyptischen Hieroglyphen.
Auch computergestützte Entzifferungsversuche blieben bislang ohne Erfolg. "Wir wissen bislang nicht einmal, ob die Zeichen ganze Wörter, Teile von Wörtern oder ganzen Sätzen darstellen, sagte Nisha Yadav Tata vom Institute of Fundamental Research (TIFR) in Mumbai der BBC.
Einigkeit besteht unter Fachleuten bislang lediglich über die Schreibrichtung: Offenbar haben die antiken Schreiber oder Schreiberinnen von rechts nach links geschrieben. Darauf deuten gestauchte Zeichen am linken Rand der Schreibflächen hin. Zum Teil wurde am linken Rand auch ein Zeichen unter die Linie gerückt, ganz so, als sei beim Schreiben der Platz ausgegangen. Als wahrscheinlich gilt, dass die Texte im Zusammenhang mit dem Handel stehen: Die Stempel dienten demnach der Kennzeichnung von Waren.
Die Induskultur, eine der ersten städtischen Kulturen der Menschheit, entstand vor rund 5300 Jahren im Grenzgebiet des heutigen nordwestlichen Indien und Pakistan. Seit ihrer Entdeckung vor rund 150 Jahren wurden in der Region rund 2000 Ausgrabungsstätten erforscht. Warum die urbane Zivilisation vor etwa 3900 Jahren wieder unterging, konnte bis heute nicht geklärt werden. Bislang deutet nichts darauf hin, dass Kriege, Hunger- oder Naturkatastrophen ihr Ende beschleunigt haben.
Die Indusschrift ist nicht die einzige, die bis heute unverstanden ist. Auch die Protoelamische Bilderschrift aus dem heutigen Iran, Linear A aus dem heutigen Kreta und Etruskisch aus dem heutigen Italien sind bislang nicht entschlüsselt.