Eva Naboschni : "Um mich herum ein ohrenbetäubendes, fast meditatives Summen"
Was sie liebt: Handgemachten Honig Was sie will: Imkereien in ganz Europa retten Wer ihr dabei hilft: Bienen-Fans, die investieren
Was sie liebt: Handgemachten Honig
Was sie will: Imkereien in ganz Europa retten
Wer ihr dabei hilft: Bienen-Fans, die investieren
Als Eva Naboschni das erste Mal auf einer Wiese im bosnischen Nirgendwo stand, ahnte sie noch nicht, dass das ihr Berufsleben auf den Kopf stellen sollte. Damals hatte die 48-jährige Hamburgerin eine Firma für individuelle Werbemittel. Ein Kunde wollte eine Tonne hochwertigen Honig – eine Menge, die man nicht einfach im Internet bestellt. Sie erzählte einem Bekannten von ihrem Spezialauftrag, der ihr daraufhin sein Heimatdorf Sanica im Nordwesten Bosniens empfahl. Sehr ländliche Gegend, mehrere kleine Imkereien. Eva Naboschni fuhr hin. "Als ich dann dort auf einer Wiese war, um mich herum ein ohrenbetäubendes, fast meditatives Summen, wusste ich sofort: Daraus möchte ich was machen."
Von der Idee zum Imkerei-Unternehmen
Das ist jetzt gut drei Jahre her. Eva hatte damals schon eine bewegte Job-Historie: Sie hatte für den Vorstand einer Bank gearbeitet, Fenster und Türen verkauft und zuletzt ihr eigenes Unternehmen für individuelle Werbegeschenke aufgebaut. "Die Firma lief gut, aber ich suchte schon länger nach einer sinnstiftenderen Aufgabe, wollte mehr fürs Gemeinwohl und die Umwelt tun."
Eva verbrachte den ganzen Sommer 2021 in Sanica. Die Arbeit für ihre Firma konnte sie vom Laptop aus erledigen, familiäre Verpflichtungen hatte sie zu Hause nicht. Von Dahlko, einem einheimischen Imker, lernte sie viel über das Honig-Handwerk, und so reifte eine Idee, die sie schließlich 2024 mit dem "Bee Pioneer"-Projekt (beepioneer.de) in die Tat umsetzte: Sie bietet deutschen und ausländischen Unternehmen Partnerschaften mit nachhaltig arbeitenden Imkereien in vielen Regionen Europas an, etwa auf dem Balkan oder im Baltikum. Die Unternehmen kaufen den Honig zu fairen Preisen, tun etwas zur Existenzsicherung dieser Kleinstbetriebe, für die Artenvielfalt und für ihr soziales Image. Im Gegenzug erhalten sie hochwertigen Honig, zum Beispiel als Geschenk für ihre Belegschaft und den Kundenkreis – auf Wunsch mit individuellen Banderolen und Videos über die jeweilige Imkerei, die Eva vor Ort dreht. Die ersten "Bee Pioneers", die bereit waren, auf diese Weise zu investieren, fand sie im alten Werbemittel-Umfeld.
Um mehr unterstützenswerte Imkereien zu entdecken und möglichst flexibel zu sein, kaufte sich Eva einen ausgebauten Camping-Bus und fuhr im Sommer 2024 monatelang durchs Baltikum; weitere Reisen nach Kroatien, Spanien, Portugal sind geplant. Vor Ort folgt sie Empfehlungen, unterhält sich mit den Menschen "auf Deutsch, Russisch, Polnisch, Englisch, mit Händen und Füßen".
So geht Qualitäts-Honig
Dass "Bee Pioneer" vor allem in ländliche und strukturschwache Regionen Europas investiert, hat mit der Qualität des Honigs zu tun. Denn der ist dort Teil der Selbstversorgung und wird traditionell in Handarbeit hergestellt. Dadurch bleiben die hochwertigen Inhaltsstoffe erhalten, darunter Enzyme und Antioxidantien wie Vitamine. Das sei nicht selbstverständlich, sagt Eva: "Günstiger, industriell hergestellter Supermarkt-Honig ist oft gestreckt, etwa mit Sirup aus Reis oder Weizen, und enthält kaum noch Wirkstoffe." Ihre Forderung: Herstellerfirmen sollten klarer als bisher angeben müssen, ob es sich um eine billige Mischung oder um wirklich wertvollen, sortenreinen Honig handelt, der im Übrigen auch kein Mindesthaltbarkeitsdatum brauche wie vorgeschrieben: "Hochwertiger Honig hält ewig, wenn er richtig gelagert wird." Auch über diese Zusammenhänge möchte Eva mit ihrem Projekt, ihrer Homepage, ihren Youtube-Videos aufklären.
Was die Zukunft bringt
Inzwischen gibt es auf ihrer Seite im Internet auch einen Onlineshop für Privatleute, die Honig kaufen möchten. Denn das Konzept sieht vor, dass die Pioneers nur einen Teil des Honigs erhalten, den Eva mit deren Geldern organisiert. Den Rest bietet sie selbst an und erzielt damit bereits kleinere Gewinne – auch wenn sie ihren überwiegenden Lebensunterhalt noch mit ihrer Werbegeschenke-Firma und jenseits des Honigs verdient. Doch nach und nach möchte sie ihren Schwerpunkt verlagern.
Ein gutes Dutzend Imkereien hat sie derzeit unter Vertrag, und immer neue Partnerschaften kommen hinzu. "Ein 'Bee Pioneer' orderte erst kürzlich eine große Menge Honig als Weihnachtspräsent und fragte, ob es vielleicht möglich sei, mal einen Betriebsausflug zu einer der Imkerfamilien nach Slowenien zu machen." Für Eva Naboschni ist das ein großer Ansporn. "Ich bin im Bienenfieber", sagt sie. Die Nebenwirkungen? Mut und Beharrlichkeit.