Coinbase integriert dezentrale Börsen – und möchte viel mehr Shitcoins listen
Weil der Markt jeden Woche eine gewaltige Flut an Token hervorbringt, möchte die größte US-Börse den Listing-Prozess vereinfachen. Zugleich plant sie, die Unterschiede zwischen dezentraler und zentralisierter Börse zu verwischen.
Weil der Markt jeden Woche eine gewaltige Flut an Token hervorbringt, möchte die größte US-Börse den Listing-Prozess vereinfachen. Zugleich plant sie, die Unterschiede zwischen dezentraler und zentralisierter Börse zu verwischen.
Manchmal sind es die Probleme von Börsen, die erst zeigen, wie verrückt dieser Markt geworden ist.
Neulich hat etwa Brian Amstrong, Boss der großen US-Börse Coinbase, auf Twitter öffentlich über den Prozess der Aufnahme neuer Token nachgedacht. Schon allein die ersten beiden Sätze sind vielsagend:
„Wir müssen unseren Listing-Prozess bei Coinbase überdenken, da nun in jeder Woche mehr als eine Million neue Token geschaffen werden. Das ist ein Luxusproblem, aber es ist nicht länger machbar, jedes einzelne zu evaluieren.“
Falls ihr euch Sorgen gemacht habe, dass ihr nicht jedes neue Token im Blick habt, könnt ihr nun beruhigt sein. Das hat keiner mehr. Mit mehr als einer Million schwappt Woche für Woche ein Tsunami der Token über den Markt.
Ein Chart auf Dune Analytics zeigt aktuell fast 37 Millionen Token insgesamt. Die allermeisten davon laufen auf Solana, weite Teile noch auf Polygon oder Base. Die meisten Token dürften Memecoins sein, die durch Plattformen wie Pump.fun auf Solana demokratisiert wurden. Alleine über diese Plattform wurden seit dem Start Mitte letztes Jahr mehr als sechs Millionen Token geschaffen.
Die allermeisten der neu erscheinenden Token sind vollendeter Müll. Wenn überhaupt, werden sich ein oder zwei davon bewähren. Welche das sind, weiß man erst, wenn sich der Markt entschieden hat. Für eine Börse oder Trader ist dann der Höhepunkt der Party womöglich schon vorbei. Daher würde Coinbase sie gerne so rasch wie möglich anbieten.
„Regulierer müssen verstehen, dass es keine Option mehr ist, jedes einzelne Token anzumelden. Wir müssen von einer Allow-List zu einer Block-List übergehen, und Kundenreviews oder automatisierte Scans von Onchain-Daten nutzen.“
Anstatt also erst zu entscheiden, welche Token auf den Markt dürfen, möchte Coinbase die Schleusen für alle Token öffnen, die nicht explizit auf einer Blacklist stehen, und anschließend sollen Kundenreviews und Blockchain-Analysen vor Betrug warnen. Token würden damit weniger wie Finanzprodukte gehandelt werden, sondern vielmehr wie Waren auf Amazon oder Ebay.
Wenn dezentral und zentralisiert verschmelzen
Im selben Tweet kündigt Brian Armstrong aber noch ein weiteres Vorhaben an, das, praktisch gesehen, weitreichender sein dürfte als die kommende Flut der Shitcoins.
„Und wir werden weiter nativen DEX-Support tiefer integrieren. Unsere Kunden sollten sich nicht darum kümmern müssen, ob ein Handel auf einer DEX oder einer CEX stattfindet.“
CEX meint eine traditionelle, zentralisierte Börse, DEX eine dezentrale Börse, wie sie etwa in Form von Uniswap über Smart Contracts auf Ethereum und anderen Blockchains läuft.
Wenn Coinbase, eine zentralisierte Börse, nun beginnt, zunehmend dezentrale Börsen zu integrieren, folgt sie dem hehren Motto aller Innovatoren, nämlich sich selbst überflüssig zu machen bevor es andere machen.
Schon heute lässt sich Coinbase in weitem Umfang auf dezentrale Börsen ein. Nicht nur, dass die Coinbase Wallet es offensiv unterstützt, Coins und Token auf dezentralen Börsen zu handeln. Auch auf der Börse selbst gibt es die Option, Kryptowährungen – vor allem ERC-20-Token – auch per DEX zu handeln.
Mit dem eigenenen Rollup für Ethereum, Base, bietet Coinbase zudem die Infrastruktur für ein Ökosystem der dezentralen Finanzen an.
Die von Brian Armstrong angekündigte tiefere Integration könnte die bisher noch deutlich sichtbaren Unterschiede beseitigen, eventuell, indem ein Algorithmus auswählt, ob auf einer DEX oder Coinbase selbst gehandelt wird.
Dies wird den Handel selbst in jedem Fall transparenter machen, da er nicht mehr nur in den Datenbanken von Coinbase, sondern auf Blockchains oder Rollups dokumentiert wird. Ob und inwieweit dies den Usern auch erlauben wird, die Schlüssel für ihre Coins selbst zu verwahren, wird man noch sehen müssen.
Klar ist aber, dass Coinbase die Verschmelzung von zentralisierter und dezentralisieter Börse einläutet – was man ziemlich sicher schon jetzt einen Paradigmenwechsel der Börse an sich nennen kann.