Unerwarteter Effekt: Waldbrände lassen Bodentemperaturen für Jahrzehnte steigen

Wenn in Nordamerika riesige Wälder niederbrennen, steigen die Bodentemperaturen langfristig. Der Grund dafür liegt im Zusammenspiel von Wald und Wind

Jan 14, 2025 - 17:27
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Unerwarteter Effekt: Waldbrände lassen Bodentemperaturen für Jahrzehnte steigen

Wenn in Nordamerika riesige Wälder niederbrennen, steigen die Bodentemperaturen langfristig. Der Grund dafür liegt im Zusammenspiel von Wald und Wind

Wenn Wälder brennen, wie jüngst in Los Angeles, taucht meist die Frage auf, welchen Einfluss der Klimawandel hatte. Tatsächlich begünstigen höhere Temperaturen und längere Trockenperioden die Entstehung von verheerenden Bränden, auch im südlichen Kalifornien. Doch damit nicht genug: Die Brände verschärfen ihrerseits den Klimawandel. Denn beim Verbrennen von Holz wird dieselbe Menge des Klimagases Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt, die die Bäume beim Wachsen zuvor der Luft entnommen haben. In arktischen Regionen kann nach einem großflächigen Brand zudem auch der Permafrostboden auftauen. Das führt dazu, dass die nassen Böden große Mengen Methan freisetzen – ein Klimagas, das auf zwei Jahrzehnte betrachtet 80-mal klimaschädlicher ist als CO2.

Auf eine weitere negative Auswirkung von Waldbränden weist jetzt ein deutsch-kanadisch-japanisches Forschungsteam unter der Leitung des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung hin. Demnach sind noch Jahrzehnte nach einem Waldbrand die Bodentemperaturen erhöht. Nicht wegen des Feuers – sondern wegen eines verringerten Luftaustauschs.

Die Struktur des Waldes entscheidet über den Luftaustausch

Die Oberfläche eines Waldes besteht – aus der Vogelperspektive gesehen – aus unterschiedlich hohen Wipfeln mit unterschiedlich großen Lücken zwischen den höchsten. Diese sogenannte Rauigkeit des Walddaches hat großen Einfluss auf den Luftaustausch mit den darüberliegenden Schichten der Atmosphäre: Je "rauer" die Oberfläche, also je größer die Höhenunterschiede zwischen benachbarten Bäumen, zu desto mehr Verwirbelungen kommt es im Bereich der Kronen und darüber. Auf diese Weise gelangt die auf der Nordhalbkugel auch in den Sommermonaten kühle Luft über dem Wald bis zum Boden und kühlt diesen ab. Nach einem Waldbrand dagegen fehlen hohe Baumkronen. So kann das einfallende Sonnenlicht nicht nur den Boden aufheizen – es fehlt auch an der nötigen Kühlung durch Luftverwirbelungen.GEO2203 Feuerökologie

Um die Auswirkungen dieses Effekts zu bestimmen, untersuchte das Forschungsteam 100 abgebrannte Waldflächen in Kanada und Alaska. Neben Bränden, die bis ins Jahr 1928 zurückgehen, analysierte das Team Satelliten- und Boden-Messdaten. Das Ergebnis der im Fachblatt "AGU Advances" veröffentlichten Studie: Abgebrannte Nadelwaldflächen haben noch bis zu fünf Jahrzehnte nach dem Brand tagsüber höhere Temperaturen als intakte Wälder.

Der gesamte boreale, also kalt-gemäßigte Lebensraum Kanadas war demnach im Juli bis September 2024 im Durchschnitt 0,27 Grad Celsius wärmer als intakter Wald gewesen wäre: Eine unmittelbare Folge der verheerenden Waldbrände im vorangegangenen Jahr. 2023 standen in Kanada 140.000 Quadratkilometer Wald in Flammen. Das entspricht rund 40 Prozent der Fläche Deutschlands.

Weiterer Temperaturanstieg durch eine Zunahme der Waldbrände

Die Forschenden rechnen damit, dass dieser Effekt sich mit der Zunahme von Waldbränden noch verstärken wird: Sollten die verbrannten Flächen bis zur Jahrhundertmitte um 150 Prozent zunehmen – so das ungünstigste Szenario –, könnten die über das ganze Jahr gemittelten lokalen Temperaturen um fast ein Drittel ansteigen. Zur weltweiten Erwärmung der Erdatmosphäre kämen dann statt heute 0,12 Grad Celsius rund 0,16 Grad Celsius hinzu.Schwarz ist die Farbe der Hoffnung

Nadelwälder aus Fichten, Tannen, Lärchen und Kiefern machen weltweit etwa die Hälfte aller Waldgebiete aus, oft nur unterbrochen durch Moore und Seen. Allein in Nordamerika findet sich ein Drittel dieser Wälder der borealen Klimazone der nördlichen Hemisphäre.

"Unsere Untersuchungen machen deutlich, wie wichtig es ist, die Treibhausgasemissionen global zu senken", sagt Manuel Helbig, der Hauptautor der Studie, laut einer Pressemitteilung. "Denn sie erhöhen über die Beschleunigung der Erderwärmung auch die Gefahr für Waldbrände und damit für das Auftauen von Permafrostböden und die Freisetzung von weiterem Kohlendioxid und Methan aus den Böden."

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