MSCI World: Der Klassiker im Depot – und warum Alternativen immer wichtiger werden
Seit über 50 Jahren ist der MSCI World der Maßstab für globales Investieren. Doch ist er wirklich so international, wie sein Name verspricht? Ein genauer Blick auf Geschichte, Zusammensetzung und Schwächen des Index zeigt: Es gibt gute Gründe, über Alternativen nachzudenken. Ein Index als Spiegel der Wirtschaftswelt Als der MSCI World 1969 aus der Taufe […] Der Beitrag MSCI World: Der Klassiker im Depot – und warum Alternativen immer wichtiger werden erschien zuerst auf ftd.de.
Seit über 50 Jahren ist der MSCI World der Maßstab für globales Investieren. Doch ist er wirklich so international, wie sein Name verspricht? Ein genauer Blick auf Geschichte, Zusammensetzung und Schwächen des Index zeigt: Es gibt gute Gründe, über Alternativen nachzudenken.
Ein Index als Spiegel der Wirtschaftswelt
Als der MSCI World 1969 aus der Taufe gehoben wurde, war die Idee visionär. Ein Index, der die wichtigsten Unternehmen der entwickelten Industrieländer abbildet und Investoren als Orientierung dient – das versprach damals ein völlig neues Maß an Transparenz und Vergleichbarkeit. Der Fokus lag auf den wirtschaftlich stärksten Regionen der Welt. Das waren vor allem Europa, Nordamerika und Japan.
In den 1980er-Jahren verschob sich die Gewichtung des Index jedoch drastisch. Der japanische Aktienmarkt boomte und mit ihm stieg der Anteil Japans am MSCI World auf über 40 Prozent. Viele Anleger waren von dieser Dominanz begeistert, doch mit dem Platzen der japanischen Immobilien- und Aktienblase Anfang der 1990er-Jahre wurde schmerzlich klar, wie riskant eine solche Konzentration ist. Heute dominiert der US-Markt mit einem Anteil von über 70 Prozent. Die Frage drängt sich auf: Ist der MSCI World wirklich so global, wie er es vorgibt?
Wie der MSCI World funktioniert
Der World-Index von MSCI ist nach Marktkapitalisierung gewichtet. Das bedeutet, dass Unternehmen mit einem hohen Börsenwert stärker im Index vertreten sind. Ein Konzern wie Apple mit einer Marktkapitalisierung von über 2 Billionen US-Dollar hat dementsprechend einen enormen Anteil, während kleinere Unternehmen kaum berücksichtigt werden. Diese Gewichtungsmethode ist effizient und nachvollziehbar, hat aber erhebliche Schwächen.
Ein augenfälliges Beispiel ist die Dominanz der USA. Mehr als 70 Prozent des Index entfallen auf US-Unternehmen, während Europa und Asien deutlich unterrepräsentiert sind. Auch die Branchenverteilung weist eine bedenkliche Schieflage auf. Technologiewerte wie Apple, Microsoft und Amazon dominieren, während andere Branchen wie Energie oder Grundstoffe nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Diese Zusammensetzung macht den MSCI World anfällig für Rückschläge in einzelnen Sektoren oder Regionen. Sollte beispielsweise der Technologiesektor in den USA unter Druck geraten, würde der gesamte Index stark darunter leiden – ein Risiko, das Anleger oft unterschätzen.
Eine beeindruckende, aber trügerische Performance
Die historische Entwicklung des MSCI World ist auf den ersten Blick beeindruckend. Seit seiner Auflegung erzielte der Index eine durchschnittliche Rendite von 7 bis 8 Prozent pro Jahr. Vor allem in den zurückliegenden 10 Jahren trieben die großen US-Technologiewerte die Performance an. Doch der Erfolg ist keineswegs gleichmäßig verteilt.
Während Anleger von der Stärke der US-Wirtschaft und der Innovationskraft der Tech-Branche profitierten, blieben andere Märkte und Branchen auf der Strecke. So haben europäische Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten massiv an Gewicht verloren, und aufstrebende Märkte wie China oder Indien sind im MSCI World gar nicht vertreten.
Die Schwächen des MSCI World
Der MSCI World, den sich Anleger beispielsweise mit dem iShares Core MSCI World ETF (ISIN: IE00B4L5Y983) ins Depot legen können, hat zweifellos Vorteile. Er bietet Anlegern eine einfache Möglichkeit, in mehr als 1.500 Unternehmen aus 23 Ländern zu investieren. Die breite Streuung scheint auf den ersten Blick ein ausreichender Risikoschutz zu sein. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass die Konzentration auf wenige Länder und Branchen ein erhebliches Problem darstellt.
Die USA dominieren den Index in einer Weise, die kaum als global bezeichnet werden kann, auch wenn viele der US-Aktiengesellschaften ihren Umsatz weltweit erzielen. Das einstige Schwergewicht Europa spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, und Asien außerhalb Japans bleibt fast völlig außen vor. Zudem führt die Gewichtung nach Marktkapitalisierung dazu, dass die Anleger von wenigen Megakonzernen abhängig sind, die den Ton im Index angeben.
Bessere Ansätze: Alternativen zum MSCI World?
Wer wirklich global investieren will, sollte Alternativen in Betracht ziehen. Eine Möglichkeit, die geografische Abdeckung zu verbessern, ist der MSCI All Country World Index (ACWI), der auch Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien umfasst. Mit über 2.800 Aktien ist dieser Index breiter aufgestellt und bietet Zugang zu Märkten, die in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen könnten. Noch interessanter sind Ansätze zur Überwindung der Schwächen der kapitalisierungsgewichteten Methode oder andere alternative Ansätze.
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Fazit: Der MSCI World – ein Klassiker mit Grenzen
Für viele Anleger ist der MSCI World der erste Schritt in die Welt des Investierens. Doch wer tiefer gräbt, erkennt schnell, dass der Index seine Schwächen hat. Die starke Konzentration auf die USA, die Abhängigkeit von wenigen Megakonzernen und die fehlende Berücksichtigung alternativer Gewichtungsmethoden machen ihn zu einer unvollständigen Lösung.
Alternativen wie der MSCI ACWI, Multifaktor-ETFs oder Equal-Weight-Ansätze bieten eine breitere Diversifikation und die Möglichkeit, von wissenschaftlich fundierten Strategien zu profitieren. In einer sich immer schneller verändernden Welt sollten Anleger flexibel bleiben – und der MSCI World ist bestenfalls ein Ausgangspunkt, nicht das Ziel.
Disclaimer:
Keine Anlageberatung. Kein Aufruf zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
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