EU-Pläne: Jahrelang zog China Know-how aus der EU ab – jetzt dreht sich der Wind

Europäische Firmen erhalten nur Zugang zum chinesischen Markt, wenn sie dort produzieren. Damit schöpft China auch das Know-how der Unternehmen ab. Die EU plant nun Ähnliches: Der Wissenstransfer soll künftig auch von China nach Europa laufen

Jan 15, 2025 - 11:25
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EU-Pläne: Jahrelang zog China Know-how aus der EU ab – jetzt dreht sich der Wind

Europäische Firmen erhalten nur Zugang zum chinesischen Markt, wenn sie dort produzieren. Damit schöpft China auch das Know-how der Unternehmen ab. Die EU plant nun Ähnliches: Der Wissenstransfer soll künftig auch von China nach Europa laufen

Jahrelang floss Know-how vor allem in eine Richtung: von Europa nach China. Wenn europäische Unternehmen Marktzugang in China erhalten wollten, mussten sie dort produzieren. Dabei floss nicht nur Geld, sondern auch technologisches Wissen in die Volksrepublik – ohne dass die EU großartig etwas dagegen unternommen hätte.

Inzwischen ist der Zeitgeist ein anderer, und auch die EU will nun offenbar nicht länger zusehen. Nach Informationen der „Financial Times“, will sie Subventionen für saubere Technologien nur noch dann chinesischen Unternehmen gewähren, wenn diese in Europa produzieren und technologisches Know-how weitergeben. Konkret geht es um Zuschüsse im Umfang von 1 Mrd. Euro für die Entwicklung von Batterien, die ab dem 1. Dezember bereitstehen.

Das Pilotprojekt könnte auf andere EU-Subventionsprogramme ausgeweitet werden, sagten zwei mit der Sache vertraute EU-Beamte. Die Anforderungen sind zwar nicht so hoch, ähneln aber dem chinesischen System, das ausländische Unternehmen dazu zwingt, ihr geistiges Eigentum im Austausch für den Zugang zum chinesischen Markt zu teilen. Die Kriterien könnten im Vorfeld der Ausschreibung noch geändert werden, so die Beamten. 

Teil einer härteren Haltung gegenüber China

Die Pläne sind Ausdruck einer härteren Haltung Europas gegenüber China. Unternehmen aus der EU, die strengen Umweltvorschriften unterliegen, sollen vor billigeren und umweltschädlicheren Importen geschützt werden. Vergangenen Monat bestätigte die Europäische Kommission Zölle von bis zu 35 Prozent auf chinesische Elektrofahrzeuge, zusätzlich zu einer bereits bestehenden zehnprozentigen Abschöpfung. Sie hat auch strengere Anforderungen für Unternehmen eingeführt, die Wasserstoffsubventionen beantragen, und verfügt, dass nur 25 Prozent der Teile in den Elektrolyseuren aus China stammen dürfen. 

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Aus dem Umfeld des designierten US-Präsidenten Donald Trump heißt es, er werde Druck auf die EU ausüben, seinem Beispiel zu folgen und weitere Schranken für chinesische Waren und Investitionen zu errichten. Sollte Trump seine Drohung mit Importzöllen von 60 Prozent auf chinesische Produkte wahr machen, würde Peking wahrscheinlich versuchen, diese in andere Regionen wie die EU umzuleiten, die ihrerseits Maßnahmen zur Eindämmung der Flut ergreifen würde. 

„Wenn wir mit Trump bei einigen seiner Ziele mitspielen möchten, dann müssen wir entscheiden, was wir mit China machen wollen“, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat. Doch der Schritt fällt auch in eine Zeit, die von wachsender Sorge über die Schwäche der EU-Wirtschaft und die Fähigkeit der Unternehmen geprägt ist, die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, ohne sich auf Billigimporte zu stützen.

China investiert bereits massiv in Europa

Brüssel hat in sein neues Paket offenbar auch eine im Mai verabschiedete Regelung über die Förderung sauberer Technologien aufgenommen. Elisabetta Cornago, Senior Research Fellow beim Think-Tank Centre for European Reform, sagte, die Kommission sei auf der Suche nach Ideen, wie man sich vor einer möglichen Flut oder Umlenkung der chinesischen Handelsströme nach Europa schützen könne. 

Die schärfere Kontrolle chinesischer Technologieimporte hat bereits chinesische Unternehmen wie den weltgrößten Batteriehersteller CATL dazu veranlasst, sogenannte Gigafactories in Europa zu errichten. Das Unternehmen hat Milliarden von Euro in Anlagen in Ungarn und Deutschland investiert. Das aus Schanghai stammende Unternehmen Envision Energy investiert ebenfalls Hunderte von Millionen Euro in Anlagen in Spanien und Frankreich. 

Bei einem Treffen hinter verschlossenen Türen zu Beginn dieses Jahres warnte das chinesische Handelsministerium die einheimischen Autohersteller jedoch vor großen Investitionen in Europa. Es wurde ihnen geraten, Produktionslinien auf dem Kontinent nur für die Endmontage zu errichten, Das Ministerium habe sich dabei auf die politischen Unsicherheiten in Brüssel berufen, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. 

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In der Zwischenzeit steht der schwedische Batteriehersteller Northvolt am Rande des Pleite, während er mit dem Hochfahren der Produktion kämpft. Batterien sind ein wichtiger Bestandteil von Elektrofahrzeugen, die mehr als ein Drittel der Kosten ausmachen. Daher sind die Lieferketten für Batterien für die europäische Autoindustrie von entscheidender Bedeutung beim Versuch der Transformation auf weniger umweltschädliche Modelle. 

Cornago sieht die Gefahr, dass eine härtere Gangart gegenüber chinesischen Komponenten die Dekarbonisierungsstrategie der EU durchkreuzen könnte. „Man setzt vorübergehend auf einen Handelsschutz in Form einer Innovationsförderung, um seine Industrie zu unterstützen, aber das führt nicht zu niedrigeren Verbraucherpreisen“, sagte sie. DDie Maßnahme könnte zu einer „größeren Ungewissheit über die Frage führen, was der EU-Automobilsektor tun sollte, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren und mit China zu konkurrieren“, fügte sie hinzu. Die Kommission lehnte eine Stellungnahme ab.

© 2024 The Financial Times Ltd.

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